Wieder Drama am Zürichsee

Zürich · Es hatte ein Tag des Aufbruchs werden sollen. So die Vorstellung der angeschlagenen Fifa-Führung. Neue Festnahmen erinnern aber an den unverändert mehr als kritischen Zustand des Fußball-Weltverbandes.

Neue Festnahmen , Reformen mit Schönheitsfehlern und eine überraschende WM-Debatte: An einem weiteren dramatischen Tag hat die Fifa den Aufbruch in eine neue, demokratische Zeit verkündet. Die Realität in Zürich erinnerte aber an die vielen schwarzen Stunden des Fußball-Weltverbandes in einem Jahr voller Korruptionsvorwürfe, Rücktritte und Skandale.

Wenige Stunden vor der Entscheidung des Exekutivkomitees für ein bislang einmaliges Reformpaket, das die eigene Führungsstruktur revolutionieren soll, erschütterte die Razzia im Nobelhotel Baur au Lac am Ufer des Zürichsees die Fifa-Führungsspitze um den ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach . Sechs Monate nach der Polizei-Aktion mit sieben Festnahmen wurden diesmal zwei Top-Offizielle von Schweizer Beamten in Gewahrsam genommen. Wie das Schweizer Bundesamt für Justiz mitteilte, handelt es sich um die Fifa-Vizepräsidenten Juan Angel Napout aus Paraguay und Alfredo Hawit Banegas aus Honduras. Beiden wird wie ihren im Mai festgenommenen Kollegen Korruption im großen Stil bei TV- und Marketingverträgen für Turniere ihrer Konföderation vorgeworfen. Insgesamt erhoben US-Justizministerin und Generalstaatsanwältin Loretta Lynch gestern Anklagen gegen 16 weitere hochrangige Fußball-Funktionäre, alle aus Süd- und Mittelamerika. Zu den Beschuldigten zählen auch der ehemalige Vizepräsident Ricardo Teixeira, der frühere brasilianische Verbandspräsident Marco Polo del Nero und das ehemalige FIFA-Exekutivmitglied Rafael Salguero aus Guatemala.

Am Morgen um kurz nach 8 Uhr wurden die verbliebenen Mitglieder des Exekutivkomitees, darunter der deutsche Vertreter Niersbach, vom Baur au Lac auf den Zürichberg zur Sitzung in die Verbandszentrale gefahren. Eine zur Abstimmung stehende Aufstockung der WM-Teilnehmerzahl von 32 auf 40 Mannschaften fand dort keine Mehrheit - das sickerte durch eine Niersbach-Info als erste Entscheidung aus der Machtzentrale des Weltverbandes durch. Vor allem die Asiaten und Afrikaner wollen dies durchsetzen.

Andere Reformbeschlüsse klingen vielversprechend. Der am 26. Februar zu wählende Nachfolger von Joseph Blatter als Fifa-Präsident und die Mitglieder eines neu geschaffenen Rates dürfen demnach maximal für drei Amtszeiten zu je vier Jahren im Amt sein. Die Vergütung der Top-Funktionäre wird jährlich öffentlich gemacht. Der Rat mit dann 36 Mitgliedern tritt an die Stelle des (zu) mächtigen Exekutivkomitees und soll eine Art Aufsichtsrat bilden.

Die letzte Entscheidung über die Reform trifft der Fifa-Kongress am 26. Februar. Statutenänderungen bedürfen dann einer Dreiviertelmehrheit unter den 209 Mitgliedern. "Diese Reformen bringen der Fifa eine bessere Führung, größere Transparenz und mehr Rechenschaftspflicht", sagte Hayatou, der nach einer Nierenoperation sichtlich angeschlagen die Pressekonferenz nach dem Treffen leitete.

Abgelehnt wurde eine Altersgrenze für Funktionäre. Im ursprünglichen Papier von Carrard war eine Beschränkung auf 74 Jahre vorgesehen gewesen. Mehr Macht bekommen künftig der Generalsekretär und neun statt zuvor 26 ständige Fifa-Komitees. Dort werden die wesentlichen Management-Entscheidungen getroffen. Der Rat, dem der Präsident vorsitzt, überwacht die Entscheidungen, hat aber keine exekutive Gewalt mehr. Somit verliert auch der Präsident, der mehr repräsentativen Charakter hat, an Einfluss. Juan Angel

NapoutAlfredo

Hawit

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort