Wie Stammbaum-Schnüffler Brian Flynn das neue Wales (er)fand

Paris · Kapitän Ashley Williams ist einer von neun Wales-Spielern, die eigentlich aus England stammen, aber irgendwo in ihrem Stammbaum walisische Wurzeln tragen. Fast alle wurden von Brian Flynn gefunden.

Bei Ashley Williams war es der verräterische Nachname, der Schnüffler Brian Flynn auf die richtige Fährte brachte. Eigentlich wollte der Trainer der walisischen U21 nur Stockports Torhüter Wayne Hennessey beobachten, dann fiel ihm in der Abwehr der Mann mit diesem typisch walisischen Namen auf. Flynn begann zu telefonieren. "Er rief bei Stockport an und fragte, ob ich walisische Vorfahren habe. Sie fragten mich, und ich habe ,Ja' gesagt", erzählt Williams, dessen Großvater Bill aus Rhondda stammt. Das war Anfang 2007. Am Mittwoch führt der 31-Jährige, der im englischen Tamworth geboren wurde, Wales als Kapitän ins EM-Halbfinale gegen Portugal (21 Uhr/ARD).

Mit seiner Geschichte ist Williams nicht alleine. Neun Spieler aus dem EM-Aufgebot der "Drachen" sind in England geboren. Fast alle wurden von Flynn gefunden, der in ganz Großbritannien nach Talenten mit passenden Wurzeln suchte. "Wenn dein Hund walisische Vorfahren hätte, würde Flynnie es wissen", erzählte Ex-Nationaltrainer John Toshack einmal. Bei fünf EM-Fahrern stammt ein Großtelternteil aus Wales, bei vier weiteren entweder Mutter oder Vater.

Schnüffler Flynn fand sie alle - er und Toshack gelten inzwischen als Vater des heutigen Erfolgs. "Flynnie hat damals viele Kilometer abgerissen. Er ist durch das ganze Land gereist und hat junge Spieler gefunden. Wir haben ihnen dann eine Chance gegeben", sagt Toshack, der von 2004 bis 2010 Wales trainierte. Aus dem heutigen Team hat der Großteil unter ihm debütiert.

Der in der Nähe von London geborene Hal Robson-Kanu, Torschütze im Achtelfinale gegen Belgien (3:1), spielte in der Jugend für England. Angreifer Sam Vokes wiederum wusste nichts von seinen walisischen Vorfahren , ehe Flynn nachfragte und Vokes herausfand, dass sein Großvater Mike aus Colwyn Bay stammte. Andy Kings Großvater Robin kommt aus Wrexham.

"Es war Flynn, der die meisten von uns gefunden hat. Wir spielen zusammen, seit wir 16 Jahre alt sind", sagt King. Der Zusammenhalt sei daher größer. "Sobald wir das Wales-Trikot überstreifen, gibt jeder der Jungs 100 Prozent, um für das Land zu gewinnen", sagt King. Der Vater des Erfolgs ist etwas in Vergessenheit geraten. Flynn arbeitet als Sportdirektor beim englischen Viertligisten Doncaster Rovers. Mit einem Auge aber wird er morgen nach Lyon schauen, wo seine Entdeckungen Geschichte schreiben wollen. Für Wales.

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