Doping in der Leichtathletik Wie schmutzig ist Sprinter Gatlin wirklich?

London · Eine kuriose Dopingaffäre rückt den Weltmeister in ein schlechtes Licht. Den Trainer hat er gefeuert.

 Glaubhaft, geläutert und sauber? Weltmeister Justin Gatlin bestreitet Doping vehement.

Glaubhaft, geläutert und sauber? Weltmeister Justin Gatlin bestreitet Doping vehement.

Foto: dpa/Adam Davy

Hat Justin Gatlin es schon wieder getan? Zwei Mal ist der amtierende 100-Meter-Weltmeister wegen der Einnahme verbotener Substanzen bereits hochgegangen. Doch der nächste Zündsatz tickt. Dass der öffentlich so reumütige US-Amerikaner nun wieder im Fadenkreuz der Doping-Fahnder steht, „verdankt“ er einigen seiner engsten Vertrauten.

Das Team von Gatlin steht im Zentrum einer obskuren Doping­affäre. Undercover-Reportern sollen laut einem Bericht des britischen „Telegraph“ im Sommer im Trainingscamp in Florida illegale leistungssteigernde Mittel wie Testosteron und Wachstumshormon angeboten worden sein. Die Gespräche sollen heimlich aufgezeichnet worden sein, berichtete die englische Zeitung gestern.

Der „Telegraph“ nannte Gatlins Trainer Dennis Mitchell und den Leichtathletik-Manager Robert Wagner. Der 35 Jahre alte Gatlin, der am 5. August 100-Meter-Weltmeister wurde und überraschend Superstar Usain Bolt schlug, feuerte daraufhin seinen Coach. Mitchell, mit der Sprintstaffel der USA im Jahr 1992 in Barcelona Olympiasieger, war selbst einmal wegen Dopings für zwei Jahre gesperrt.

Die Undercover-Reporter hatten vorgegeben, von einer Filmproduktion zu kommen. Für das Training eines Schauspielers würden sie diese Mittel benötigen, die über einen Arzt in Österreich geliefert werden sollten. Im Raum steht eine Summe von 250 000 US-Dollar. Mitchell und Wagner sollen in den Gesprächen angedeutet haben, dass der Gebrauch verbotener Substanzen in der Leichtathletik noch weit verbreitet sei. Zudem hätten sie erläutert, wie man positive Dopingtests vermeiden könne.

Gatlins langjähriger Manager Renaldo Nehemiah sagte, dass Wagner nur zwei oder drei Mal für den US-Sprinter gearbeitet habe. Als im Trainingscamp über die verbotenen Substanzen gesprochen wurde, sei Gatlin nicht dabei gewesen. Er sei „geschockt und überrascht“, dass sein Trainer mit den Anschuldigungen zu tun habe, teilte Gatlin mit: „Ich habe ihn gefeuert, als ich von der Sache erfahren hatte.“ Er wolle nicht zulassen, dass andere Lügen über ihn verbreiten. „Ich nehme keine leistungssteigernden Mittel und habe keine genommen“, behauptete der frühere Dopingsünder.

Die Anti-Doping-Agentur der USA und die Athletics Integrity Unit (AIU) des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF haben inzwischen Ermittlungen aufgenommen. „Diese Behauptungen sind äußerst schwerwiegend“, sagte IAAF-Präsident Sebastian Coe. Auch AIU-Chef Brett Clothier sieht ein ernsthaftes Problem: „Diese Vorwürfe treffen das Herz der Integrität der Leichtathletik.“ Die deutsche Leichtathletik-Öffentlichkeit gab sich noch zurückhaltend. „Die bislang bekannten Fakten stellen noch keinen Beweis im juristischen Sinne dar. Insofern gilt es, die Ergebnisse der eingeleiteten Ermittlungen abzuwarten“, sagte Clemens Prokop, ehemaliger Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes: „Wenn es sich bestätigen sollte, dass die Vorwürfe zutreffen, wäre es aber ein unglaublicher Skandal.“

Schon zwei Mal war Gatlin, Olympiasieger von 2004, wegen Dopingvergehen gesperrt, erstmals 2001. Als Wiederholungstäter entging er 2006 einem lebenslangen Bann nur deshalb, weil er als Kronzeuge gegen seinen ehemaligen Trainer aussagte. Die achtjährige Wettkampfsperre wurde halbiert – und so war Gatlin 2010 wieder im Rennen.

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