Wie damals bei Ullrich und Riis

Saint-Jean-de-Maurienne. Nicht wenige Beobachter fühlten sich auf der elften Etappe der Tour de France 2012, als Bradley Wiggins von Christopher Froome für einen Moment distanziert wurde, an die Tour 1996 zurückerinnert. Ein Kapitän, der seinem Helfer unterlegen scheint: Vor 16 Jahren zeigten bereits Jan Ullrich und Bjarne Riis eine ähnliche Konstellation

Saint-Jean-de-Maurienne. Nicht wenige Beobachter fühlten sich auf der elften Etappe der Tour de France 2012, als Bradley Wiggins von Christopher Froome für einen Moment distanziert wurde, an die Tour 1996 zurückerinnert. Ein Kapitän, der seinem Helfer unterlegen scheint: Vor 16 Jahren zeigten bereits Jan Ullrich und Bjarne Riis eine ähnliche Konstellation. Der junge Rostocker strotzte bei seinem Tour-Debüt vor Kraft, sein dänischer Teamkollege musste kämpfen. Am Ende holte sich dennoch Riis den Tour-Sieg. Und in diesem Jahr?"Das Verhältnis Froome/Wiggins ist genau umgekehrt zum Verhältnis Ullrich/Riis", meint Rolf Aldag, 1996 Telekom-Teamkollege des Duos. "Ullrich war der stärkere Zeitfahrer und der schwächere Bergfahrer. Er hätte theoretisch bei den Bergetappen nur Riis folgen müssen, um ihn dann im Zeitfahren zu bezwingen. Aber das ist alles Theorie." Diesmal ist Froome stärker am Berg, aber Wiggins der bessere Mann im Kampf gegen die Uhr - wie schon bei der Tour gezeigt.

Sky-Teamchef Sean Yates betonte klipp und klar: "Froome hat auf der ersten Etappe durch einen Defekt 1:25 Minuten verloren und noch einmal 30 Sekunden beim Zeitfahren. Wir spielen hier nicht Lotto - wir spielen die Karte des Teams, und da ist Bradley im Vorteil." Dieser Meinung ist Riis nicht. "Vielleicht tauschen sie bei Sky in der letzten Woche die Kapitänsrolle. Froome ist mein Topfavorit für den Tour-Sieg", sagte Riis, derzeit Chef des konkurrierenden Teams Saxo Bank-Tinkoff, am Freitag verschiedenen Medien.

Als Ullrich seinen erfahrenen Kapitän 1996 im letzten Zeitfahren schlug, wurde bereits gerätselt, ob er in der Gesamtwertung auf Sieg hätte fahren sollen. 1:41 Sekunden fehlten ihm in Paris. Danach belegten nie wieder zwei Teamkollegen die Podiumsränge eins und zwei.

Zum Gelben Trikot gehören aber nicht nur die schnellsten Beine. Der tägliche Stress eines Spitzenreiters - etwa durch Interviews, Dopingkontrollen oder der besondere Fokus - darf nicht unterschätzt werden. Damit hätte Ullrich im Alter von 22 Jahren bei seiner ersten Tour vermutlich nicht so umgehen können wie der routiniertere Riis. Beide Radprofis wurden mittlerweile übrigens als Doper enttarnt. dpa

Der Brite David Millar hat beim Abschied aus den Alpen die zwölfte Etappe der Tour de France gewonnen. Millar holte sich nach 226 Kilometern von Saint-Jean-de-Maurienne nach Annonay Davezieux den Sieg im Finish einer fünfköpfigen Ausreißergruppe vor dem Franzosen Jean-Christophe Peraud und dem Spanier Egoi Martinez. Das Gelbe Trikot behält Bradley Wiggins, der gut acht Minuten zurück mit dem Hauptfeld das Ziel erreichte. Wiggins liegt 2:05 Minuten vor seinem Teamkollegen Christopher Froome. Dritter ist der Italiener Vincenzo Nibali (2:23 Minuten zurück), Vierter Vorjahressieger Cadel Evans (Australien, 3:19).

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