Wie ausgewechselt

Warschau. Aus der Traum vom vierten EM-Titel - der Italien-Fluch hält an. Mit der falschen Taktik und ohne den nötigen Mumm ist die deutsche Nationalmannschaft wieder an ihrem Angstgegner gescheitert und muss nach dem 1:2 (0:2)-Schock von Warschau enttäuscht die Heimreise antreten

Warschau. Aus der Traum vom vierten EM-Titel - der Italien-Fluch hält an. Mit der falschen Taktik und ohne den nötigen Mumm ist die deutsche Nationalmannschaft wieder an ihrem Angstgegner gescheitert und muss nach dem 1:2 (0:2)-Schock von Warschau enttäuscht die Heimreise antreten. Statt der erwarteten Revanche gegen Spanien kann Fußball-Deutschland am Sonntag beim großen Finale der Europameisterschaft nur zuschauen, wie die Italiener um den zweifachen Torschützen Mario Balotelli (20./36. Minute) den Welt- und Europameister in Kiew herausfordern. Mit einem verwandelten Handelfmeter betrieb Mesut Özil (90.+2) am Ende immerhin noch Ergebniskosmetik."Die Enttäuschung ist für alle groß. Man sollte nicht den Fehler machen, alles zu hinterfragen. Die Mannschaft hat insgesamt ein gutes Turnier gespielt. In der Kabine fließen Tränen. Da ist es mucksmäuschenstill. Wenn man in der ersten Halbzeit zwei Gegentore kriegt, dann wird es schwer. Trotzdem hat die Mannschaft ein großes Herz gezeigt", bilanzierte Löw das Spiel, nach dem er aus Frust nicht mit den Spielern in die Fan-Kurve gelaufen war.

Nach der Niederlage gestern vor 55 540 Zuschauern im Nationalstadion der polnischen Hauptstadt muss das DFB-Team auch nach 16 Jahren weiter auf den nächsten Titel warten. Statt Weiterreise in die Ukraine steht an diesem Freitag der Heimflug auf dem Programm. "Das ist sehr, sehr bitter. Wir haben Riesenfehler gemacht bei den Gegentoren. Wenn man gegen Italien solche Fehler macht und in Rückstand gerät, dann wird es sehr schwierig", hielt Kapitän Philipp Lahm fest. Vier Mal im Turnier war Löws Matchplan bisher voll aufgegangen, doch im fünften Anlauf lag er mit seinem überraschend vorgenommenen Systemwechsel daneben. Mit dem Einsatz von Toni Kroos im zentralen defensiven Mittelfeld hatte er zwar die Italiener überrascht, aber zugleich auch die Ordnung im eigenen Team durcheinandergebracht. Denn dadurch war die rechte Seite häufig nur noch durch Jerome Boateng besetzt. Ein Umstand, den sich die Azzurri zunutze machten. Beide Treffer wurden über diesen Flügel eingeleitet.

Der Bundestrainer korrigierte zur Pause seine Aufstellung und brachte Marco Reus für Lukas Podolski und Miroslav Klose für den wirkungslosen Mario Gomez. Vor allem dank Reus nahm das Spiel über die rechte Seite nun endlich Fahrt auf. Immer mehr legte die DFB-Auswahl ihren Respekt ab und spielte ihre eigenen Stärken aus anstatt nur auf den Gegner zu reagieren, doch für die erhoffte Wende gegen defensiv starke Italiener kam die Umbaumaßnahme zu spät. Auch im fünften Turnierspiel blieb die von Löw erhoffte "Explosion" bei Spielmacher Özil aus. Dafür war Sami Khedira im Mittelfeld der große Antreiber, ohne indes die entscheidenden Impulse setzen zu können.

Die Niederlage leitete Giorgio Chiellini ein. Er passte zu Antonio Cassano. Mats Hummels ließ Cassano ungehindert flanken und in der Mitte reagierte Balotelli schneller als Holger Badstuber. Gegen den Kopfball des dunkelhäutigen Angreifers aus wenigen Metern war Torhüter Manuel Neuer chancenlos. Ein Traumpass von Montolivo in die Schnittstelle der Abwehr fand Balotelli, der völlig unbedrängt noch ein paar Meter mit dem Ball lief und ihn dann aus 14 Metern in den Torwinkel hämmerte.

 Olivier Giroud spielt künftig für Arsenal London. Foto: dpa

Olivier Giroud spielt künftig für Arsenal London. Foto: dpa

Dank der Wechsel kam die deutsche Elf zur zweiten Halbzeit mit mehr Offensiv-Power aus der Kabine. Doch es sollte nicht mehr reichen. dpa

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