Wetten, dass . . . ?

Der will schon immer ein Tor gegen mich schießen." "Ich habe schon gegen dich getroffen." "Hast du nicht!" "Hab' ich doch!" "Das stimmt nicht." "Ich zeige dir den SZ-Artikel, den habe ich noch. Es war ein Traumtor." Die Freunde Said Chouaib von der SV Elversberg und Enver Marina vom 1

Der will schon immer ein Tor gegen mich schießen." "Ich habe schon gegen dich getroffen." "Hast du nicht!" "Hab' ich doch!" "Das stimmt nicht." "Ich zeige dir den SZ-Artikel, den habe ich noch. Es war ein Traumtor." Die Freunde Said Chouaib von der SV Elversberg und Enver Marina vom 1. FC Saarbrücken sitzen wie so oft in der Saarbrücker Pizzeria Mingo Due. Nach Nudeln und Apfelschorle zwischen den Trainingseinheiten am Morgen und am Mittag diskutieren sie über ihren Sport.

Fußball ist ihr Leben. Normalerweise verbindet die Familienväter viel miteinander. Sie sind 32 Jahre alt, Profis in der Regionalliga West, deren Verträge auslaufen, lieben Borussia Dortmund, sind Moslems, haben beide das Nokia-Handy N95 und darauf ein Bild des Nachwuchses. Bei Chouaib ist der zwei Monate alte Elia Yassine zu sehen. Bei Marina, dessen Sohn Florian neun ist, ist die fünfjährige Jennifer auf dem Handy. Auch ihre Ehefrauen Desiree und Julia mögen sich und gehen samt Kindern mit auf den Sportplatz, wenn Chouaib und Marina nicht selbst spielen und sich gemeinsam eine Partie in der Ober- oder Saarlandliga anschauen. Die Jungs haben auch eine gemeinsame Vergangenheit beim Oberligisten Borussia Neunkirchen unter Trainer Günter Erhardt in der Saison 2007/2008. Doch wenn es um die Frage geht, ob Stürmer Chouaib Torhüter Marina in einem Pflichtspiel schon einmal bezwungen hat, driftet ihre Verbundenheit auseinander. "Enver hat ein ausgeprägtes Ego, er will es nicht wahr haben", witzelt Chouaib augenzwinkernd.

Ja, hat er nun - oder hat er nicht? Marina grübelt: "Ich weiß es nicht . . . " Das SZ-Archiv löst das Rätsel: Am 20. März 2006 erschien ein Artikel mit der Überschrift "Chouaibs Fallrückzieher entschädigt die Zuschauer". In der Verbandsliga spielte der SV Auersmacher 1:1 gegen den FC Kutzhof, der von Dieter Ferner trainiert wurde. Im Kutzhofer Tor stand Marina. Für Auersmacher stürmte Chouaib - er glich das 0:1 durch Alexej Gaponenko aus. Unser Mitarbeiter Patric Cordier berichtete: "Chouaib schraubte sich im Stile eines Klaus Fischer in die Luft und hämmerte die Kugel per Fallrückzieher in die Maschen. Ein Tor des Monats." Aha, im Mingo Due steht es 1:0 für Chouaib.

Auch bei der Einschätzung nach dem Ausgang der Partie 1. FC Saarbrücken gegen SV Elversberg an diesem Samstag, 14 Uhr, sind die Freunde unterschiedlicher Meinung. Marina sagt: "Wir gewinnen 2:0." Chouaib überlegt kurz: "Wir verlieren nicht." Marina grinst.

Oh, alles läuft auf eine Wette hinaus? Richtig. Wetteinsatz? Ein Essen. Wie in der vergangenen Oberliga-Saison, als Chouaib im Neunkircher Trikot gegen den FCS mit Marina im Kasten treffen wollte. Wetteinsatz: ein Essen.

Die Borussia unter Trainer Erhardt unterlag im August 2008 mit 0:4. Hat der Marokkaner aus Casablanca, der 2000 nach Deutschland kam, seine Wettschuld eingelöst? "Hmm, eigentlich nicht", sagt Marina und lacht. "Ich musste ja auch verletzt nach 14 Minuten ausgewechselt werden", verteidigt sich Chouaib. Zählt das? Marina, der 1998 aus Pristina im Kosovo nach Deutschland kam, überlegt - und nimmt seinen Freund in die Pflicht: "Wir haben nur gewettet, ob du ein Tor machst. Das hast du nicht. Eigentlich müsstest du dann ja ein Essen bezahlen." Hmm, im Mingo Due steht es wohl gerade 1:1.

Mit einem Remis könnte Chouaib am Samstag leben. Er sagt: "Die FCS-Fans betrachten die Partie sicher als Rückspiel wie im Europapokal. Sie wollen das 0:6 aus dem Hinspiel wettmachen."

Das FCS-Debakel am 7. August, als die SVE den Aufsteiger im Neunkircher Ellenfeldstadion deklassierte, hat Marina nur per Handy mitbekommen. Er war bei Klaus Eder in Regensburg, ließ sich auf Empfehlung des Neunkircher Physiotherapeuten Gunther Deubel wegen eines Beckenschiefstandes beim Physiotherapeuten der deutschen Nationalmannschaft behandeln. Andauernd klingelte sein Telefon. Am anderen Ende - Chouaib, der in der Oberliga-Elf der SVE unter Trainer Günter Erhardt kickte und daher beim Regionalliga-Derby auf der Tribüne saß. "Ich war fassungslos", erinnert sich Marina. "Er hat mir nicht geglaubt", erzählt Chouaib. "Ich habe meinen Bruder Skender angerufen, der auch im Stadion war. Erst dann habe ich es geglaubt", berichtet Marina.

Seit diesem 7. August hat sich einiges verändert. Die SVE war damals Erster, der FCS Letzter. Jetzt ist Saarbrücken Tabellenführer, Elversberg ist Zehnter, vier Punkte vor den Abstiegsrängen. FCS-Trainer Dieter Ferner stellte am 11. Spieltag statt Michael Müller Marina, der seine Probleme durch Muskelaufbautraining und Schuheinlagen in den Griff bekommen hat, ins Tor. Bei der SVE löste Erhardt im September Trainer Djuradj Vasic ab. Er nahm Chouaib zur ersten Mannschaft dazu.

Spielt das Hinspiel in den Köpfen der Spieler da überhaupt noch eine Rolle? Marina sagt: "Wir müssen das Spiel als normale Partie betrachten und nicht das 0:6 wettmachen. Ein dreckiges 1:0 reicht und bringt auch drei Punkte." Chouaib erklärt: "Das 6:0 ist kaum Thema bei uns. In unserer Situation geht es nur darum, aus den restlichen zwei Spielen vor der Winterpause so viele Punkte wie möglich zu holen. Doch so eine Partie wie damals wäre gerade in unserer Situation wichtig. Dann würde für acht Wochen Ruhe einkehren." Hmm. Wetten? "Dass ich ein Tor schieße?", fragt Chouaib. Marina erwidert: "Du triffst am Samstag nicht gegen mich und wir gewinnen. Wir wetten auf beides." Der Stürmer überlegt und sagt: "Ich treffe und wir verlieren nicht." Der Torwart schlägt ein. Wetteinsatz: ein Essen. Chouaib witzelt: "Dann gewinne ich am Samstag an einem Tag ja zwei Mal." "Der will schon immer ein Tor gegen mich schießen."

Enver Marina, Torwart des 1. FC Saarbrücken

"Ich habe

schon

gegen dich getroffen."

Said Chouaib, Stürmer der SV Elversberg

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