„Wer erwischt wird, sollte sein Leben lang gesperrt werden“

Berlin · Knapp 13 Monate nach der Einführung des Anti-Doping-Gesetzes hat ein Gericht erstmals Top-Athleten im Visier. Zwei Ringer des Bundesligisten ASV Nendingen erhielten Strafbefehle. Sie legten Einspruch ein.

Der Bann ist gebrochen - doch von einem Präzedenzfall will niemand sprechen: Etwas mehr als ein Jahr nach der Einführung des Anti-Doping-Gesetzes in Deutschland hat erstmals ein Gericht Spitzen-Athleten bestraft. Betroffen sind zwei Ringer des deutschen Mannschaftsmeisters ASV Nendingen, der in dieser Saison im Halbfinale am SV Weingarten gescheitert ist. Weingarten gewann den ersten Finalkampf am vergangenen Samstag zuhause gegen den KSV Ispringen mit 13:9. Der Rückkampf ist am kommenden Samstag. Der KSV Köllerbach hatte die Endrunde nicht erreicht.

Wie Oberstaatsanwalt Michael Mächtel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bestätigte, habe das Amtsgericht Tuttlingen den Nendinger Athleten Strafbefehle zugestellt. Dabei handele es sich um eine Geldstrafe, die sich an der Höhe der Einkünfte misst. Die Sportler sollen gegen die Strafe bereits Einspruch eingelegt haben, sodass es wohl zu einem Hauptverfahren kommt.

Noch ist der Spitzensport ein geschlossenes System. Es gibt kaum Athleten, die auspacken. Nur über positive Proben sind Doping-Sünder zu überführen. 2016 waren es lediglich 14 Verfahren, die die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Freiburg eingeleitet hat. "Man sieht aber, dass die Staatsanwälte an die Fälle herangehen. Es ist ein Zeichen an die Sportler. Ob es große Auswirkungen haben wird, muss man aber abwarten", sagte Sportrechts-Experte Michael Lehner.

Bundesjustizminister Heiko Maas war einer der Förderer des Anti-Doping-Gesetzes. Das Ministerium des saarländischen SPD-Politikers teilte gestern mit: "Die jetzt geführten Strafverfahren zeigen, dass das Anti-Doping-Gesetz wirkt - im Kampf gegen Doping und für mehr Fairness im Sport." Der neue Vorsitzende der Sportministerkonferenz fordert eine lebenslange Sperre für Doping-Ersttäter. "Wer erwischt wird, sollte sein Leben lang gesperrt werden", erklärte der saarländische Sportminister Klaus Bouillon (CDU ) gestern. Da sei er ein "Hardliner".

Gegen die Ringer des Bundesligisten ASV Nendingen war im vergangenen Februar ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Freiburg eingeleitet worden, nachdem in ihren Doping-Proben Spuren des seit Anfang 2016 verbotenen Mittels Meldonium gefunden worden waren. Daraufhin hatte die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) Anzeige erstattet. Den betroffenen Sportlern wird zudem die Anwendung verbotener Infusions-Methoden vorgeworfen.

"Das Strafmaß ist natürlich eher gering. Zudem wird der Fall durch das Meldonium abgeschwächt", meinte Sportrechts-Experte Lehner. Um das Herzmittel hatte es Anfang 2016 Diskussionen gegeben. Ursprünglich war die Einnahme ab dem 1. Januar 2016 verboten. Später stellte sich heraus, dass die Abbauzeit des Mittels viel länger beträgt. Daher dürfen Athleten, die vor dem 1. März 2016 mit weniger als einem Mikrogramm des Herzmittels erwischt worden waren, sogar noch auf Gnade hoffen.

Ermittlungen gegen zwei weitere Athleten wurden wegen des unbekannten Aufenthaltsorts vorläufig eingestellt, berichtete die FAZ unter Berufung auf Oberstaatsanwalt Mächtel. Ermittlungen gegen Verantwortliche des ASV Nendingen laufen weiter. Auch die sportjuristische Aufarbeitung des Falls ist laut Nada nicht abgeschlossen. Der Verein hat nach eigenen Angaben vom Gericht noch nichts gehört. "Ich kenne auch nur das, was in der Zeitung steht. Gegen den Verein ASV Nendingen wird nicht ermittelt", sagte Sportvorstand Marcus Scheu. Er erklärte, dass beim ASV-Trainer das Haus durchsucht worden sei - allerdings ergebnislos, wie sich später herausstellte. Der Verein hoffe auf ein baldiges Ende der Geschichte. "Irgendwann muss das abgeschlossen werden. Es nervt. Deshalb ist es auch gut, dass etwas passiert", sagte Scheu.

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am rande Der saarländische Sportminister Klaus Bouillon will nach 2002 die Tour de France wieder ins Saarland holen. "Wir haben keine schlechten Karten, aber auch noch keine Garantien", sagte der Vorsitzende der Sportministerkonferenz gestern in Saarbrücken. 2019 soll Saarbrücken nach den Vorstellungen des CDU-Politikers ein Zielort bei der Frankreich-Rundfahrt der Radprofis sein. "Lieber wäre mir als Etappenziel natürlich St. Wendel", gab er aber zu. Bouillon war dort 32 Jahre lang Bürgermeister. dpa

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