Wenn sie nicht fliegen, wie sie sollen

Berlin. "Boris sagt immer, er ist fürs Entertainment zuständig und nichts anderes", sagt die Speerwerferin Christina Obergföll. Fragt man Henry nach der Vize-Weltmeisterin (2007) und Olympia-Dritten (2008), erklärt er knapp: "Ich bin nicht ihr Trainer, das ist Werner Daniels."Klar, doch vor dem Finale der Speerwerferinnen heute Abend (19

Berlin. "Boris sagt immer, er ist fürs Entertainment zuständig und nichts anderes", sagt die Speerwerferin Christina Obergföll. Fragt man Henry nach der Vize-Weltmeisterin (2007) und Olympia-Dritten (2008), erklärt er knapp: "Ich bin nicht ihr Trainer, das ist Werner Daniels."

Klar, doch vor dem Finale der Speerwerferinnen heute Abend (19.25 Uhr) scheint auch eher der Entertainer gefragt zu sein. Denn die Qualifikation am Sonntag war für Obergföll auf den ersten Blick eher deprimierend. Die Lebensgefährtin von Bundestrainer Henry verlor nicht nur ihre Weltjahresbestleistung von 68,59 Metern an die russische Olympiazweite Maria Abakumowa (68,92) - sie musste auch um den Einzug ins Finale zittern. Mit 60,74 Metern qualifizierte sie sich als Siebte für das Finale der zwölf Besten. Dabei glaubte sie, ihre Probleme vom Saisonbeginn überwunden zu haben. "Im Trainingslager in Kienbaum flogen die Speere wieder ganz ordentlich", sagt sie, und auch Henry bezeugt, dass "die Speere ordentlich geflogen sind". Wie weit? "Ich weiß es nicht", sagt Henry und schmunzelt.

Doch warum steckte der Speer am Sonntag nur bei 60,74 Metern im Rasen des Berliner Olympiastadions? "Die Quali hat ihre eigenen Gesetze", sagt Henry, selbst WM-Dritter im Speerwurf 1995 und 2003: "Das, was dort zählt, ist, ins Finale zu kommen - mehr nicht." Und auch seine 27-jährige Freundin aus Offenburg sagt: "Was in der Quali war, ist wurscht. Nun fängt alles wieder neu an." Trainer Daniels sagt: "Sie ist drin, fertig, erledigt."

Dennoch, erklärt Henry, wäre es auch mal wichtig, vor dem Finale für etwas Ablenkung zu sorgen. "Mal in die Stadt gehen, etwas shoppen, das kann schon helfen. Immer nur im Hotel zu sitzen, ist auch nicht gut."

Ob die zwei weiteren deutschen Finalisten mitgegangenen sind, ist nicht überliefert, wäre aber wünschenswert. Zumindest für Steffi Nerius. Sie kam als Sechste mit 61,73 Metern ins Finale. Ebenfalls keine Aktion zum Aufbau von Selbstvertrauen. "Ich wollte einfach zu weit werfen, war aber zu verkrampft", sagt Nerius nach dem ersten Akt des letzten WM-Auftritts ihrer Karriere. Dabei hatte die routinierte Athletin zuletzt aufgetrumpft und Ende Juli mit 66,82 Metern ihren Medaillenanspruch für Berlin angemeldet. Einen Wurf bis 70 Meter traut sich die Diplom-Sportlehrerin im Finale zu: "Ich denke, dass ich das kann."

Dass die 23-jährige Linda Stahl aus Leverkusen direkt im ersten Versuch 63,86 Meter warf, freut Henry: "Da hat sie endlich mal gezeigt, was sie drauf hat." Trainingspartnerin Nerius traut ihr eine Überraschung zu: "Linda ist mein Geheimtipp. Sie kann 67 oder 68 Meter werfen." Dass es heute zwei deutsche Medaillen gibt wie 2005 und 2007, ist fraglich, "aber machbar", glaubt Henry. Abakumowa sowie die Olympiasiegerin und Weltrekordlerin Barbora Spotakova (Tschechien) sind gut drauf, aber auch ein Finale habe "seine eigenen Gesetze". Mal sehen, ob Henry nach dem Finale den Entertainer spielen muss - oder darf.

Auf einen Blick

Die heutigen WM-Entscheidungen: Dreisprung Männer (18.05 Uhr, kein deutscher Starter), Speerwurf Frauen (19.25 Uhr, Deutsche: Christina Obergföll, Steffi Nerius, Linda Stahl), 400 Meter Frauen (19.35 Uhr, keine Deutsche), 3000 Meter Hindernis Männer (19.50 Uhr, kein Deutscher), 400 Meter Hürden Männer (20.50 Uhr, kein Deutscher). red

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