Finanzskandal beim LSVS Wenn Fehlbeträge offensichtlich sind
Saarbrücken/Homburg · Der Landessportverband für das Saarland hat 2013 und 2014 ein Minus von zusammen gut einer Million Euro eingefahren. Befragung des Hauptgeschäftsführers durch Staatsanwalt ohne konkretes Ergebnis.
Hans-Jürgen Gebhardt ist ein Mann, der seine Worte mit Bedacht wählt. Das bringt seine Profession als Jurist mit sich. Der Justizrat aus Homburg, der sich bundesweit vor allem einen Namen als Verkehrsrechtler gemacht hat, ist auch Fachanwalt für Strafrecht – und hatte alles andere als ruhige und besinnliche Weihnachtstage. Der 72-Jährige hat die Verteidigung des vom Landessportverband für das Saarland (LSVS) freigestellten Hauptgeschäftsführers H. übernommen. Jener H. soll nach den Aussagen von LSVS-Präsident Klaus Meiser das bis zu fünf Millionen Euro große Haushaltsloch, das beim LSVS klafft, verschwiegen und verschleiert haben. Deswegen hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken Ermittlungen gegen H. eingeleitet – wegen des Anfangsverdachts der Untreue.
Gestern nun äußerte sich H. erstmals in einer Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft zu den gegenüber ihm erhobenen Vorwürfen. Öffentlich darf er das nicht tun – der LSVS ist seiner Bitte, ihn von der dienstlichen Schweigepflicht zu befreien, nicht nachgekommen. „Die Staatsanwaltschaft will, dass mein Mandant die Entwicklungen noch einmal schriftlich darlegt“, sagte Rechtsanwalt Gebhardt, „dieser Bitte werden wir natürlich nachkommen. Wir haben nichts zu verbergen und sind guter Dinge.“
Mittlerweile liegen der Saarbrücker Zeitung mehrere Prüfberichte aus der Amtszeit von H. vor, der seit 2009 beim LSVS Hauptgeschäftsführer war. Die der SZ vorliegenden Prüfberichte wurden von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Audittax Prof. Raber GmbH aus Saarbrücken angefertigt. Audittax erhielt in den vergangenen Jahren immer auf Grund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung des LSVS den „Auftrag zur gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung des Jahresabschlusses“, wie es in den Prüfberichten jeweils heißt. Eine erste Version des Jahresabschlusses des LSVS wird dabei laut LSVS-Satzung „dem Präsidium zur Vorprüfung“ vorgelegt. Das Präsidium soll dem von der Mitgliederversammlung gewählten Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss dann zur Prüfung weiterleiten.
Die Prüfungen der Jahresabschlüsse fanden ausweislich der Prüfberichte in der Regel im Frühsommer zuerst in den Geschäftsräumen des Verbandes, anschließend im Büro von Audittax statt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hielt in ihren Prüfungsberichten regelmäßig fest, dass „der Hauptgeschäftsführer und die von ihm benannten Auskunftspersonen (...) alle erforderlichen Aufklärungen und Nachweise“ erbracht hätten.
Zum generellen Prozedere hält die Satzung des LSVS folgendes fest: Über die Prüfung des Jahresabschlusses hat der Wirtschaftsprüfer in der nächsten Mitgliederversammlung Bericht zu erstatten. Diese Berichte fielen in den vergangenen Jahren in der Regel kurz und knapp aus, wie der SZ vorliegende Protokolle der LSVS-Mitgliederversammlungen belegen. Das Präsidium legt den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses dann bis zum 30. September des folgenden Jahres der für die Rechtsaufsicht zuständigen obersten Landesbehörde vor – im vorliegenden Fall dem Ministerium für Inneres, Bauen und Sport.
Soweit die Theorie. Ob es in der Praxis tatsächlich so gelaufen ist, lässt sich nur mutmaßen. Deswegen lässt sich auch nicht mit Bestimmtheit sagen, wer die Zahlen, die die Audittax geprüft hat, auch tatsächlich gelesen hat. Sicher ist aber, dass alle Präsidiumsmitglieder des LSVS – neben Meiser aktuell die Vizepräsidenten Franz-Josef Kiefer (Saarländischer Turnerbund) und Franz Josef Schumann (Saarländischer Fußball-Verband) sowie Lothar Altmeyer (Saarländischer Leichtathletik-Bund), Eugen Roth (Handballverband Saar), Karin Nonnweiler (Saarländischer Judobund), Andrea Pielen (Kneippbund Saar) und Udo Genetsch (Saarländische Sportjugend) – den Zugang zu den Zahlen hatten. Und dort stehen beispielsweise im Prüfbericht über den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2014 in der Gewinn- und Verlustrechnung auf der Einnahmenseite des LSVS rund 14,69 Millionen Euro, auf der Ausgabenseite aber 15,44 Millionen Euro – macht einen Fehlbetrag von 750 000 Euro. Im Jahr 2013 hatte sich das Minus auf 311 000 Euro belaufen (rund 15,01 Millionen Euro Einnahmen, rund 15,32 Millionen Euro Ausgaben).
Da das Sportachtel, die Haupteinnahmequelle des LSVS, in den beiden letzten Jahren nicht größer war als 2013, dürften sich die Zahlen vermutlich unwesentlich verbessert haben. Die Frage ist: Gab es ein noch größeres Minus, verschwiegen und verschleiert vom Ex-Geschäftsführer? Oder wird aus dem Finanzskandal eine Führungskrise, weil das Präsidium die Zahlen ignorierte?