Turn-EM in Glasgow Weltmeisterin Schäfer schielt auf eine EM-Medaille

Glasgow · Die Saarsportlerin des Jahres 2017 erreicht in Glasgow das Finale am Schwebebalken, die deutsche Mannschaft verpasst aber den Endkampf.

 Das deutsche Team um Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer (Zweite von links) verpasste das Finale.

Das deutsche Team um Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer (Zweite von links) verpasste das Finale.

Foto: imago/Schreyer/Schreyer

Es fällt schwer, in der Krise kühlen Kopf zu bewahren. Ulla Koch bildet da keine Ausnahme. Als das Team der deutschen Kunstturnerinnen in der Qualifikation der Europameisterschaften von Glasgow am Donnerstagabend überraschend am Einzug ins Mannschaftsfinale gescheitert war, da fing die von den zahlreichen Fehlern der Jüngeren völlig überrumpelte Bundestrainerin erst mal an, sich deshalb selbst zu zermürben. Doch schnell hatte sich die Frau, die die Gerätkünstlerinnen in jahrelanger hartnäckiger Arbeit von weit unten bis in die Weltspitze hinein und zu internationalen Medaillen geführt hat, wieder gefangen. Das ganze System jetzt infrage zu stellen, sei nicht richtig, erklärte die Bergisch-Gladbacherin am Vormittag des Folgetages. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren gute Arbeit gemacht.“ Ein einziger „blöder Tag“ könne daran grundsätzlich nichts ändern.

Zudem waren die Athletinnen ja im Vorkampf nicht leer ausgegangen, hatten Weltmeisterin Pauline Schäfer an ihrem Spezialgerät Schwebebalken, Sarah Voss am Sprung sowie Team-Seniorin Kim Bui am Stufenbarren die Einzelentscheidungen am Sonntag erreicht. Vor allem die in Chemnitz trainierende Saarländerin Schäfer hat beste Chancen, dort nach ihrer ersten EM-Medaille zu greifen. Denn die Übung, die sie aus Sicherheitsgründen beim ersten Auftritt präsentierte, könnte sie noch mal deutlich, um drei Zehntelpunkte, aufstocken. Zudem hat die 21-Jährige mittlerweile ein sehr gutes Gefühl dafür entwickelt, wie sie in den entscheidenden Momenten reagieren sollte, wenn mal nicht alles perfekt klappt.

Nichts hatte im Vorfeld darauf hingedeutet, dass der nur zehn Zentimeter schmale Grat zur Fallgrube für Schäfers Kolleginnen werden könnte. Im Training hätten alle Übungen sicher geklappt; und auch Voss, die wie Leah Grießer insgesamt dreimal die Balance verlor, konnte sich das Drama nicht erklären. Bui suchte den Grund dafür in dem harten Modus, bei dem es keinen Streichwert gibt und der die Unglücklichen womöglich zu sehr unter Druck setzte. „Wir werden das jetzt erst mal aufarbeiten“, erklärte Koch mit Blick auf die WM im Oktober in Doha, wenn es um den ersten Schritt in der Olympiaqualifikation geht. In den Wochen zuvor soll sich die Kanadierin Carol-Angela Orchard die deutschen Turnerinnen noch einmal gründlich vornehmen.

Dann werden auch wieder zwei der aktuell fehlenden Leistungsträgerinnen, die Olympia-Dritte am Barren, Sophie Scheder, und die Stuttgarterin Elisabeth Seitz dabei sein und mehr Erfahrung in die Riege bringen. Vielleicht habe man vor allem die Unerfahreneren, darunter die am Sprung patzende, erst 16-jährige Emma Höfele, nicht genügend auf den Trubel vorbereitet. „Bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften sind wir den ja gewohnt“, erklärte Koch. Aber Europameisterschaften fänden in der Regel „im stillen Kämmerlein“ statt. Die Einbettung in das neue Multisport-Ereignis „European Championships“ habe das jedoch geändert. Schon im Vorfeld hätten sich zahlreiche Kameras auf die Akteurinnen gerichtet.

Diejenige allerdings, die dabei am meisten im Fokus stand, störte das offensichtlich nicht. Weltmeisterin Schäfer hatte zwar beim Podiumtraining eine laut Koch „grausame“ Vorstellung abgeliefert, sich aber im Wettkampf von den Fehlern ihrer Kolleginnen unbeeindruckt gezeigt. Zwei Tage vor dem Finale gab sie sich gewohnt ruhig und gelassen: Sie versuche ihr Bestes zu geben, um eine Medaille zu gewinnen. „Wenn ich mein Zeug turne, muss ich mir im Finale keinen Kopf machen“, sagte die Weltmeisterin. „Die Lust auf eine EM-Medaille ist sehr, sehr groß.“

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