Saarsport-Tribüne Weltmeister-Macher aus dem Warndt

Im Saarland kennen wir ihn als Bär aus dem Warndt. Doch längst ist aus Boris Henry, der ja inzwischen Obergföll heißt, der Weltmeister-Macher aus dem Warndt geworden. Er erntet heute den Lohn, den er viel früher verdient hatte.

Saarsport-Tribüne: Weltmeister-Macher aus dem Warndt
Foto: SZ/Roby Lorenz

Die letzten beiden Auftritte als aktiver Sportler auf der großen Bühne hätten nicht dramatischer, nicht enttäuschender verlaufen können. 2003, vor inzwischen 14 Jahren, lief Boris Henry ins Stade de France in Paris ein – zum Speerwurf-Finale der Weltmeisterschaften. Heute weiß Henry: Es hätte Gold werden können, die Chance war so unglaublich groß. Wäre nicht am Vortag seine Welt für diesen Moment zusammengebrochen.

Seine damalige Partnerin, US-Sprinterin Kelli White, wird des Dopings überführt, muss sich vor der versammelten Weltpresse rechtfertigen. Sie tut es. Mit Lügen. Über die Henry heute sagt: „Ich hatte eine rosarote Brille auf.“ Mit 84,74 Metern reichte es für ihn, der White in den Katakomben begleitet hatte, am Tag danach in einem trägen Wettkampf zu Bronze. Wirklich darüber freuen konnte er sich nicht. Obwohl es seine dritte internationale Medaille nach der WM 1995 in Göteborg und der EM 2002 in München war.

Das Drama um White hatte „der Bär aus dem Warndt“ in den Monaten danach verarbeitet, aufkommende Dopingspekulationen um seine Person vehement bestritten, sich folgerichtig von der US-Amerikanerin getrennt. Die Olympischen Spiele 2004 in Athen sollten den Neustart in eine erfolgreiche Zukunft einleiten. Taten sie auch, aber anders als gedacht. Kurz vor dem Wettkampf kugelte sich Henry die Schulter aus – danach kam er nie mehr an sein Leistungsvermögen heran. Eine erfolgreiche Karriere ging unwürdig zu Ende.

Umso mehr freuen wir uns heute über seine Entscheidung, die Trainer-Laufbahn einzuschlagen. Henry, der nach der Hochzeit mit Speerwerferin Christina Obergföll im September 2013 ihren Namen angenommen hat, erntet seither den Lohn, den er schon als aktiver Sportler verdient hatte. 2011 hat er Matthias de Zordo zum Weltmeister gemacht, 2017 ist ihm dies mit Johannes Vetter gelungen. Beide trugen zwischenzeitlich das Trikot des SV Saar 05 Saarbrücken. Wie einst Henry selbst.

Boris ist der Weltmeister-Macher in Deutschland. Um seine Kompetenz beneidet uns die Speerwurf-Welt. Schade, dass er das Saarland vor fünf Jahren verlassen hat und zu seiner Christina nach Offenburg gezogen ist. Aber wo die Liebe hinfällt... auch das hat er sich mehr als verdient.

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