Weltmeister(in) Caster Semenya

Berlin. Jubeln - und dann ab ins weiße Zelt neben dem Olympiastadion aufs Podium. Davor hechelt die gesammelte Welt-Presse nach O-Tönen der Sieger. Das Prozedere ist für die Journalisten und Medaillengewinner bei der Leichtathletik-WM in Berlin immer das gleiche. Außer für Caster Semenya

Berlin. Jubeln - und dann ab ins weiße Zelt neben dem Olympiastadion aufs Podium. Davor hechelt die gesammelte Welt-Presse nach O-Tönen der Sieger. Das Prozedere ist für die Journalisten und Medaillengewinner bei der Leichtathletik-WM in Berlin immer das gleiche. Außer für Caster Semenya. Die 18-Jährige gewann am Mittwochabend die 800 Meter der Frauen, jubelte nur verhalten vor einem noch verhaltenerem Publikum. Nicht nur ihre Weltjahresbestzeit von 1:55,45 Minuten machte skeptisch (allein im Juli verbesserte sie ihre Bestzeit um sieben Sekunden), sondern vielmehr die Frage nach ihrem Geschlecht. Die Südafrikanerin sieht aus wie ein Mann.Ob sie einer ist, ist die Frage, die ihr nicht nur die Weltpresse stellen wollte. Und deshalb war sie nicht auf der Pressekonferenz. Das erklärte Pierre Weiss, Generalsekretär des Leichtathletik-Weltverbands IAAF. "Sie ist jung", sagte er, "auf diese Situation ist sie nicht vorbereitet." Auch der Verband schien unvorbereitet, ließ die Situation zu. "Ich kenne ihren Namen erst seit drei Wochen", suchte Weiss zu erklären, warum die IAAF diese Frage jetzt diskutieren muss - und nicht vor der WM im Stillen mit dem Südafrikanischen Verband geklärt hat. Er erklärte: "Es gab Hinweise, aber keinen Beweis. Im Zweifel werden wir immer für den Athleten entscheiden."Nun laufen Untersuchungen, die das Geschlecht eindeutig bestimmen sollen. "Eine in Berlin, eine in Südafrika", sagte Weiss: "Wenn am Ende bewiesen wird, dass die Athletin keine Frau ist, werden wir sie aus der Siegerliste löschen." Experten schrauben also nun an Semenyas Genen herum, um herauszufinden, ob sie eine männliche Chromosomen-Kombination hat. Normalerweise haben Frauen zwei X-Chromosomen (XX) in ihren Zellen; Männer ein X- und ein Y-Chromosom (XY). Manche mit einem Y-Chromosom geborenen Menschen entwickeln alle körperlich charakteristischen Merkmale einer Frau - ausgenommen der inneren Sexual-Organe. Sie leiden unter dem Androgen-Insuffizienz-Syndrom (AIS). Meist, ohne es zu wissen. Der "Hose-runter-Test" nützt also nichts. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen innerhalb einer Woche vorliegen. In Semenyas Heimat am Kap mischte sich in den Stolz über ihren WM-Titel auch Empörung über den Geschlechts-Test. Sowohl die Familie als auch Freunde der Athletin sind sich einig: Semenya habe zwar schon immer männlicher ausgesehen, was sie aber noch lange nicht zum Mann mache. Semenya selbst betonte nach Angaben ihres Team-Managers Phiwe Mlangeni-Tsholetsane, sie verstehe die Aufregung nicht: "Sie glaubt, dass sie ein von Gott gegebenes Talent hat." kip

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