Was ist ein WM-Titel noch wert?

Stuttgart. Gene Pukall heißt der Mann, den niemand kennt. Er ist 37 Jahre alt und Berliner. Er ist seit März 2011 Box-Weltmeister im Schwergewicht des Verbandes WBU und damit ein Nachfolger von Max Schmeling. Wenn man so will. An diesem Samstag möchte nun auch Marco Huck als erster Deutscher seit Schmeling Weltmeister im Schwergewicht werden

Stuttgart. Gene Pukall heißt der Mann, den niemand kennt. Er ist 37 Jahre alt und Berliner. Er ist seit März 2011 Box-Weltmeister im Schwergewicht des Verbandes WBU und damit ein Nachfolger von Max Schmeling. Wenn man so will. An diesem Samstag möchte nun auch Marco Huck als erster Deutscher seit Schmeling Weltmeister im Schwergewicht werden. Er kämpft in Stuttgart gegen WBA-Titelverteidiger Alexander Powetkin, der den Gürtel allerdings nur hat, weil Wladimir Klitschko Super-Champion ist. Noch Fragen?"Ich gebe zu, dass die ganzen verschiedenen Verbände für Verwirrung sorgen", sagt Hucks Promoter Kalle Sauerland: "Aber sie sind nun einmal da." Drei-Buchstaben-Kombinationen aus W, B, C, O, I, F und A lassen sich fast beliebig zusammenstellen, man bekommt praktisch immer einen Box-Verband heraus. Zwölf Organisationen gibt es derzeit, morgen vielleicht schon 13 oder elf.

Als Schmeling boxte, war die Sache klar. Denkt man. Aber schon damals wurden Titel der "New York State Athletic Commission" und der "National Boxing Association" (NBA) ausgeboxt. 1962 entstand die WBA als Nachfolge-Organisation der NBA, konzentrierte sich bis in die 70er Jahre allerdings auf die USA. 1963 wurde von Vertretern von elf Ländern der WBC gegründet, um einen allgemein anerkannten Welt-Verband zu haben. Mit dem zunehmenden Interesse am Profi-Boxen und der Verbreitung in immer mehr TV-Sendern nahm in den Siebzigern und Achtzigern auch die Zahl der Verbandsgründungen zu. Nur IBF und WBO sind auch von der "International Boxing Hall of Fame" als ernst zunehmende Weltverbände anerkannt, der Rest nicht.

"Ich bin auch der Meinung, dass man so viele Titel gar nicht braucht", sagt Sauerland, "entscheidend ist doch, dass die Kämpfe gut sind". Der Promoter sieht durch die vielen Titel die Gefahr einer Verwässerung: "Es ist doch ganz schwer für den Laien zu unterscheiden, wer jetzt wirklich der Beste ist."

Zumal es bei den Weltmeisterschaften von vier "ernsthaften" Verbänden in 17 Gewichtsklassen ja nicht bleibt. Es gibt "Internationale Meister", "Kontinentale Meister", "Interims-Weltmeister", "Super-Champions" - der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt. Hauptsache am Ende bekommt ein Boxer einen protzigen Gürtel umgeschnallt.

Der WBA-Superchampion ist eine ganz besonders geschickte Erfindung. Alles überragende Boxer werden hochgestuft, müssen ihren Titel nicht mehr so oft verteidigen, haben weitere Privilegien. Und machen den Weg frei für neue Weltmeister. Huck und Powetkin kämpfen also um diesen Titel. Es könnte ein Knaller werden - der großmäulige Cruisergewichtler aus Berlin versucht den Aufstieg ins Schwergewicht, Powetkin will das verhindern. "Wir haben das Glück, dass wir bei einem großen Fernsehsender sind, und haben deshalb die Verantwortung, das beste Boxen zu zeigen", sagte Sauerland: "Ich bin sicher, dass da Feuerwerk im Ring herrscht." dapd

Am Rande

Skandal-Boxer Dereck Chisora sind 100 000 Dollar (75 225 Euro) von seiner Kampfbörse aus dem WM-Duell gegen Vitali Klitschko abgezogen worden. Diesen Betrag hat der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) eingefroren. Zunächst war lediglich von 70 000 Dollar die Rede. Damit wurden dem 28 Jahre alten Engländer lediglich 400 000 Dollar ausgezahlt. "50 000 Dollar sind für die Ohrfeige an Vitali Klitschko, 25 000 für die Spuck-Attacke gegen Wladimir Klitschko und 25 000 für die Schlägerei mit David Haye", sagte BDB-Präsident Thomas Pütz gestern. Über eine Sperre in Deutschland entscheidet der BDB erst, wenn der englische Verband sein Strafmaß mitgeteilt hat. dpa

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