Sportpolitik Rüffel oder Rausschmiss

Montreal · Die Welt-Anti-Doping-Agentur entscheidet über Sanktionen gegen Russland.

(sid) Am heutigen Dienstag trifft die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) die Entscheidung darüber, welche Konsequenzen das unwürdige Schauspiel um die Doping-Daten aus dem Moskauer Labor für die russische Anti-Doping-Agentur Rusada hat. Alles scheint möglich – vom bloßen Rüffel bis zum erneuten Rausschmiss.

Der Grund für den jüngsten Ärger ist, dass die Inspekteure der Wada nicht wie vereinbart bis zum 31. Dezember Zugang zum Moskauer Kontrolllabor und dessen sogenannten Laboratory Information Management Systems (LIMS) erhalten hatte. Dies war aber eine Auflage für die im September erfolgte Aufhebung der Suspendierung gegen die Rusada.

Der LIMS-Datensatz ist bei der Aufklärung des russischen Dopingskandals von grundlegender Bedeutung. Darin enthalten sind alle Doping-Testdaten zwischen Januar 2012 und August 2015, in diesem Zeitraum sollen systematisch positive Tests vertuscht worden sein.

Athleten und nationale Anti-Doping-Agenturen, die bereits die Aufhebung der Suspendierung gegen die Rusada harsch kritisiert hatten, fühlten sich von Russland erneut hinters Licht geführt. Die deutsche Anti-Doping-Agentur Nada in Bonn forderte „zum Schutz der sauberen Athletinnen und Athleten“ die sofortige Suspendierung.

Am 10. Januar durften die Wada-Experten dann doch ihre Arbeit im Moskauer Labor aufnehmen. Mittlerweile sind alle Daten erfasst.Danach wollte sich die Wada mit dem unabhängigen Wada-Kontrollgremium CRC beraten. Für 12 Uhr mittags ist am heutigen Dienstag eine Telefonkonferenz aller Mitglieder der Wada-Exekutive vorgesehen.

Die Rusada weiß um ihre schwierige Lage. Die Agentur aus Moskau hatte sich jüngst mit einem langen Brief an die Wada gewandt und auf „tiefgreifende Veränderungen“ in ihrer Organisation hingewiesen. So seien 90 Prozent des Personals ersetzt worden. Zudem erklärte die Rusada, dass die Wada selbst Schuld an der Verzögerung habe. Der erste Einreiseversuch der Wada-Experten kurz vor Weihnachten sei gescheitert, weil die technische Ausrüstung nicht nach russischem Recht zertifiziert gewesen war.

Der ehemalige Wada-Sonderermittler Richard McLaren vermutet, dass „Hunderte“ von Dopingfällen in den sichergestellten Proben enthalten sein könnten. „Meiner Meinung nach sind im Bereich zwischen 300 und 600 Dopingfälle möglich“, hatte McLaren der ARD-Dopingredaktion gesagt.

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