Wachsende Märkte

Merzig. Tunesien und Handball. Nicht unbedingt die erste Wortkombination, die einem in den Kopf kommt. Trotz des überraschenden vierten Platzes bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land 2005. Doch genau dieser vierte Platz scheint die Initialzündung für den tunesischen Handball gewesen zu sein

Merzig. Tunesien und Handball. Nicht unbedingt die erste Wortkombination, die einem in den Kopf kommt. Trotz des überraschenden vierten Platzes bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land 2005. Doch genau dieser vierte Platz scheint die Initialzündung für den tunesischen Handball gewesen zu sein. "Handball ist jetzt Sport Nummer zwei in Tunesien", erklärt Thabeth Mafoudh, Trainer der A-Jugend-Nationalmannschaft der Nordafrikaner am Rande des Victor's-Cups in Merzig. "Emerging Markets" nennt man so etwas in der Finanzwelt: Ein Land, das sich strukturell rapide weiterentwickelt und sich den berühmten westlichen Standards annähert.

Auf den Handball übertragen sind diese westlichen Standards allerdings eher nördliche Standards, ist die Handball-Qualität jenseits des Atlantiks doch - gelinde gesagt - vernachlässigbar. Die "erste Handball-Welt" ist und bleibt Europa. Und dort will Tunesien in den kommenden Jahren auch hin, sagt Mafoudh: "Wir wollen näher an Europa heranrücken. Im Bezug auf das Niveau und die Professionalität."

In Afrika zählt die Mannschaft bereits zur Spitze, bei allen Kontinental-Meisterschaften kam Tunesien unter die ersten drei. Doch mit dem vierten Platz 2005 ist das Land auf den Geschmack des interkontinentalen Erfolgs gekommen. Auch deshalb folgte jetzt die erste Turnier-Teilnahme in Merzig - eine von mehreren in diesem Jahr in Europa, von Paris über Montenegro bis eben Merzig. Der Kontakt nach kam, wie sollte es anders sein, über Christian Schwarzer zustande, berichtet Mafoudh: "Wir haben uns bei einem Nachwuchs-Turnier in Baden-Württemberg getroffen und so sind wir hierher gekommen."

Dass der Weg nach Europa, was das Leistungsniveau betrifft, weiter ist als die reinen Reisestrapazen, musste Tunesien in Merzig im ersten Spiel gegen die von Schwarzer betreuten Deutschen feststellen. 18:33 hieß es in der Thielsparkhalle gegen einen überlegenen Favoriten. "Aber Deutschland ist nicht der Gegner, gegen den wir gewinnen müssen", sagt Mohamed Soussi, der Spielmacher, dem sein Trainer auch eine internationale Karriere zutraut: "In Deutschland ist Handball viel populärer und professioneller als bei uns." Aber zur Entwicklung einer Mannschaft gehören laut Mafoudh solche Niederlagen: "Wir sind hier um zu lernen. Die Spieler sollen sich an Tempo und Spielweise auf internationaler Ebene gewöhnen. Deshalb werden wir alle Spieler zum Einsatz kommen lassen." Die Richtung, in die sich Tunesiens Handball entwickelt, scheint die richtige zu sein. Auch wenn der Weg bis zum Ziel noch ein langer ist.

Auf einen Blick

Der Handball-Verband Saar (HVS) ist beim Victor's-Cup in Merzig auch am zweiten Turniertag ohne Sieg geblieben. Sowohl gegen die Slowakei (23:28), als auch gegen die Schweiz (21:29) gab's Niederlagen. Trotzdem war Trainer Dirk Mathis zufrieden: "Erfolg misst sich nicht nur an Siegen. Die Leistung, die die Jungs gezeigt haben, fand ich gut." Gegen Gruppensieger Schweiz zeigte die Mannschaft nach durchwachsener erster Halbzeit (7:16) eine Steigerung und kam zwischenzeitlich auf vier Tore heran. Rang zwei in der Gruppe des HVS sicherte sich Tunesien vor Finnland. Die von Christian Schwarzer bei seinem ersten Auftritt als Jugendnationaltrainer betreute deutsche Mannschaft bestätigte ihre starken Leistungen vom ersten Tag und gewann gestern in ihrer Gruppe auch gegen Finnland (36:22) und die Niederlande (34:18). Sie trifft heute, 12.30 Uhr, im Halbfinale auf die Slowakei. > Ergebnisse: Sport in Zahlen auf dieser Seite jbö

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