Vorbild Borussia

Elversberg · Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach hat gestern Abend sein Testspiel bei der SV Elversberg mit 4:1 gewonnen. Für die Elversberger traf der eigentlich ausgemusterte Stürmer Felix Luz.

 Gladbachs Sportdirektor Max Eberl hält die Elversberger Idee, ein Nachwuchsleistungszentrum zu installieren, für unerlässlich. „Es wird dauern, aber man wird Erfolg haben“, sagte Eberl. Foto: Dietze

Gladbachs Sportdirektor Max Eberl hält die Elversberger Idee, ein Nachwuchsleistungszentrum zu installieren, für unerlässlich. „Es wird dauern, aber man wird Erfolg haben“, sagte Eberl. Foto: Dietze

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 Gladbachs Nico Brandenburger (r.) und Felix Luz kämpfen um den Ball. Luz, der die SVE wohl verlassen muss, traf in Minute 20 zum 1:2. Foto: Wieck

Gladbachs Nico Brandenburger (r.) und Felix Luz kämpfen um den Ball. Luz, der die SVE wohl verlassen muss, traf in Minute 20 zum 1:2. Foto: Wieck

Foto: Wieck

Die Zeiten, in denen die SV Elversberg viel Geld ausschließlich in Spieler der ersten Mannschaft, egal ob 3. Fußball-Liga oder Regionalliga, gepumpt hat, scheinen vorbei zu sein. Seit einem halben Jahr ist der Verein damit beschäftigt, Strukturen für ein Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) aufzubauen. "Wir sind auf einem sehr guten Weg, alle Bedingungen bis zum Jahresende zu erfüllen, um dann vom Deutschen Fußball-Bund als NLZ anerkannt zu werden", erklärt Thomas Immand, der bei der SVE für den Aufbau des NLZ verantwortlich ist.

Das Elversberger Vorbild für die Arbeit im Nachwuchsbereich ist Bundesligist Borussia Mönchengladbach. Gestern stellte die SVE ihr Projekt bei einem Pressegespräch im Presseclub Saar vor und konnte dabei auch Lucien Favre, den Trainer von Borussia Mönchengladbach und Sportdirektor Max Eberl begrüßen. Eberl hatte das NLZ in Gladbach seit 2004 aufgebaut und geprägt. Spieler wie Marko Marin, Patrick Herrmann oder Marc-André Ter Stegen, die alle einen Marktwert im zweistelligen Millionenbereich hatten oder haben, sind Produkte dieser Nachwuchsarbeit.

"Ich kann der SVE zu dieser Idee einfach nur gratulieren. Es ist zwar ein mühsamer Weg, und es wird drei, vier, fünf Jahre dauern, aber dann wird man mit dem NLZ garantiert Erfolg haben", sagte Eberl. Favre ergänzte: "Wir können es uns gar nicht leisten, Spieler wie Hakan Calhanoglu oder Leon Goretzka zu kaufen. Wir sind zum größten Teil auf die Spieler unseres NLZ angewiesen."

Zwischen drei und vier Millionen Euro investiert die Borussia pro Jahr in ihr NLZ. In Elversberg ist es zunächst etwa eine Million. Die Säulen des NLZ der SVE sind die medizinische Abteilung des Olympiastützpunktes Saarbrücken um den Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft Professor Doktor Tim Meyer, die Ganztags-Gemeinschaftsschule in Neunkirchen und das Christliche Jugenddorf Homburg, wo die Nachwuchsfußballer sowohl einen Schulabschluss machen, als auch verschiedenste Berufe erlernen können.

"Je nach Entfernung werden die Spieler von Fahrdiensten abgeholt. Es wird auch die Möglichkeit geben, dass Spieler mit unserer Hilfe den Wohnort ändern, um so das gesamte Förderprogramm in Anspruch zu nehmen", sagt Thomas Immand. Einige Jugendspieler der SVE sind bereits auf der Ganztags-Gemeinschaftsschule in Neunkirchen und können sich dort neben der Schule auch auf den Fußball konzentrieren. In Zusammenarbeit mit vielen Grundschulen sollen in den kommenden Jahren noch mehr Fußball-Talente die Schule in Neunkirchen besuchen. "Auf unserer Schule kann man vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur alles machen. Wir erarbeiten Konzepte für die Talente und holen dabei auch die Eltern mit ins Boot", sagt Clemens Wilhelm, Direktor der Schule.

Max Eberl lässt sich von der SV Elversberg gerne über die Schulter schauen. "Wir haben genau so in Mönchengladbach angefangen. Die SVE macht bislang alles richtig", sagt der Borussen-Sportdirektor: "Von 100 Talenten wird vielleicht eines ein Bundesligaspieler. Durch das NLZ haben alle die Möglichkeit zum Schulabschluss oder zur Berufslehre. Sollte es nur zur Regionalliga reichen und man kann sich so ganz bequem sein Studium finanzieren, ist das auch nicht das Schlechteste."Die SV Elversberg hat nach dem Abstieg aus der 3. Fußball-Liga die Saison am gestrigen Mittwoch noch einmal mit einem Höhepunkt offiziell beendet. Vor 2900 Zuschauern im Stadion an der Kaiserlinde war der Bundesligist Borussia Mönchengladbach zu Gast.

Bei dem lockeren Feierabend-Kick setzte sich der Bundesligist mit 4:1 standesgemäß durch. Nico Brandenburger erzielte in der 10. Minute 1:0-Führung für die Gladbacher. Nur zwei Minuten später erhöhte Max Kruse auf 2:0 und eine deutliche Schlappe für die SVE deutete sich an. Doch die Elversberger kamen zurück. Nachdem Publikumsliebling Felix Luz im Strafraum gefoult wurde, verwandelte der 32-Jährige den fälligen Elfmeter selber zum 2:1 (20.). Luz wurde von den Fans gefeiert. "Luz ist einer von uns" stand auf einem Plakat der Fans. Auf einem anderen forderten die SVE-Anhänger den Weggang des Sportvorstandes. Dessen Chef Roland Seitz hatte Luz am Dienstag mitgeteilt, dass er sich einen neuen Verein suchen kann. Luz war mit elf Toren der beste Torschütze der Elversberger in der abgelaufenen Drittliga-Saison. "Eine Begründung, warum ich gehen soll, habe ich nicht bekommen", sagte Luz, der nur einen Vertrag bis Juni 2015 in Elversberg hat. "Ich bekomme in Elversberg Training, wenn ich möchte, ansonsten muss ich auf die Tribüne und darf nicht mehr spielen", so Luz weiter.

Nach SZ-Infos will die SVE weitere Spieler loswerden. Bis auf Außenverteidiger Chris Wolf und Mittelfeldspieler Salif Cissé sollen alle Spieler den Verein verlassen. Torhüter und Leistungsträger Kenneth Kronholm soll wie viele andere nur einen Vertrag für die 3. Liga haben und ist bei Preußen Münster im Gespräch. Von den SVE-Chefs wollte sich gestern keiner zu dem Thema äußern. Auch von Roland Seitz war kein Statement zu erhalten.

Die Krise in Elversberg geht also mit Volldampf weiter. Überhaupt nichts von Krise zu spüren war beim Bundesligisten aus Gladbach. Die vielen Borussen-Anhänger waren von ihrem Team mehr als begeistert. Auch weil Oscar Wendt (75.) und Peniel Mlapa nach der Pause noch das 1:3 und das 1:4 nachlegten.

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