Von wegen „Iron Junior“

Karlsruhe · Vincent Feigenbutz darf davon träumen, der jüngste deutsche Boxweltmeister zu werden. Bei seinem fragwürdigen Sieg Samstagnacht gegen den Italiener Giovanni De Carolis hat sich der 20-Jährige aber nicht empfohlen.

Als Vincent Feigenbutz und sein Management auch um 1 Uhr am Sonntagmorgen auf der Rechtmäßigkeit ihres Erfolgs beharrten, wurden sie immer wieder mit einer ganz anderen Sicht der Dinge konfrontiert. "Giovanni De Carolis ist der wahre Sieger", skandierten die Fans des Italieners vor dem Presseraum der Karlsruher Arena - und hatten damit nach Ansicht der meisten Experten völlig Recht.

Das spektakuläre Duell im Supermittelgewicht um die Interims-Weltmeisterschaft des Boxverbandes WBA war zwar zu umkämpft, um den einstimmigen Punktsieg Feigenbutz' in seiner Heimatstadt als Skandalurteil bezeichnen zu können - dennoch war es unverständlich, wie alle drei Punktrichter den 20-Jährigen als knappen Sieger auf dem Zettel haben konnten.

Entsprechend waren die Feigenbutz-Vermarkter Wilfried und Kalle Sauerland nach dem Kampf vor 4500 Zuschauern in der ausverkauften Halle darum bemüht, die Meinungshoheit über das Resultat zu gewinnen. Die Zweifel am 21. Sieg im 22. Kampf mussten zerstreut werden - schließlich soll Feigenbutz als Heilsbringer des hierzulande taumelnden Profi-Boxens aufgebaut werden und zum jüngsten deutschen Weltmeister aufsteigen. Das ist bisher Graciano Rocchigiani mit 24 Jahren. Im Frühjahr wird der Feinmechaniker-Azubi der Karlsruher Stadtwerke, der am Samstag in Runde eins auf die Bretter ging und kurz danach noch einmal schwer angezählt war, wahrscheinlich gegen den Sieger des Duells zwischen dem russischen Titelverteidiger Fedor Tschudinow und dem Kölner Felix Sturm um den WM-Titel kämpfen - auch wenn das nach Ansicht vieler Experten zu früh für "Prince Vince" ist, der bisher, etwa im Unterschied zum Saarländer Jürgen Doberstein, fast nur schwache Gegner hatte.

"Lasst ihm besser noch Zeit. Er braucht noch zwei oder drei Jahre", sagte Kult-Trainer Ulli Wegner: "Für die Laufbahn, und um ein Großer zu werden, war der Kampf aber sehr wertvoll." Ähnlich sahen es Weltmeister Arthur Abraham , vor zwei Jahren Punktsieger gegen De Carolis, und Axel Schulz in ihren Rollen als Experten des Senders Sat. 1, der Feigenbutz zum ersten Mal zum TV-Hauptkämpfer gemacht hatte. "Er ist noch nicht bereit für große Kämpfe", sagte Abraham und quittierte die Kampf-Aufforderung von Feigenbutz-Manager Rainer Gottwald mit einem müden Lächeln. "Für mich lag er nach Punkten hinten. Er hat sich durchgeschummelt", erklärte Schulz nach dem Kampf von "Iron Junior" (in Anlehnung an Iron Mike Tyson ). Die Grippe-Erkrankung, die Feigenbutz als Entschuldigung anführte, wollte Schulz nicht gelten lassen: "Eine Niederlage wäre hilfreicher gewesen."

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