Von Hitzköpfen und Betonköpfen

Saarbrücken. Hitze, Hitze, Hitze! So lautete schlicht eine Schlagzeile aus dem Sommer 2003. Während der aktuelle Sommer eine Enttäuschung ist, kletterte das Quecksilber vor acht Jahren auf ungeahnte Höhen. So lautete am Freitag, 8. August 2003, die Überschrift auf der ersten Seite der Saarbrücker Zeitung: "Saarland ist heißestes Pflaster Deutschlands

Saarbrücken. Hitze, Hitze, Hitze! So lautete schlicht eine Schlagzeile aus dem Sommer 2003. Während der aktuelle Sommer eine Enttäuschung ist, kletterte das Quecksilber vor acht Jahren auf ungeahnte Höhen. So lautete am Freitag, 8. August 2003, die Überschrift auf der ersten Seite der Saarbrücker Zeitung: "Saarland ist heißestes Pflaster Deutschlands." Ein Blick ins Archiv lässt einen schon beim Lesen fast schwitzen. "Traum-Sommer oder Alptraum" und "Trinken, trinken, trinken" heißen einige der Schlagzeilen. Da stehen riesige Sprudelflaschen im Text, nebendran gibt es Ratschläge zum Umgang mit dem Wetter oder Reporter haben Briefträger, Dachdecker und andere Geplagte besucht. "Um eine vergleichbar stabile Hochdrucklage über Mitteleuropa zu finden, müsste man womöglich sogar bis ins Jahr 1540 zurückblicken", meinte ein Meteorologe.An jenem Freitag wurde in Perl-Nennig mit 40,3 Grad Celsius die bislang höchste Temperatur in Deutschland gemessen. So titelte die SZ in der Ausgabe vom 9./10. August: "Saarland bricht den deutschen Hitzerekord." Damals hieß es 40,8 Grad, das wurde später nach unten korrigiert. Wegen Mess-Ungenauigkeiten wurde der Rekord später vom Deutschen Wetterdienst nicht anerkannt. Schon die Nacht auf den 9. August war die heißeste, die es je in Deutschland gab, verständlich, dass da manch einer nicht mehr aus dem Freibad herauswollte.

Ein hübsches Schmankerl am Rande lieferte in jener Woche übrigens ein Herr namens Asen Borisov. Der war Torhüter des SV Saar 05 Saarbrücken in der Fußball-Verbandsliga. Beim 0:6 am ersten Spieltag gegen den SV Auersmacher meinte der Schlussmann wohl, was gegen Kälte hilft, ist auch gut gegen Hitze - und stand mit zwei Pullis angezogen zwischen den Pfosten. Nach 58 Minuten musste der bedauernswerte Bulgare bei Bullenhitze ausgewechselt werden.

Ein wenig zu warm war im Sommer 2003 vielleicht auch Philipp Mißfelder. Der Bundesvorsitzende der Jungen Union füllte das Sommerloch, indem er eine Debatte um den Abbau des Sozialstaates entfachte. Eher kalt- als heißblütig meine Mißfelder, er halte nichts davon, "wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen". Daraufhin erntete Mißfelder Missfallen. Wohlfahrtsverbände, andere Parteien und auch eigene Parteifreunde protestierten heftig.

Unvergessene Proteste gab es auch in der zweiten Augustwoche des Jahres 1961, also vor jetzt genau 50 Jahren. Zwei Monate zuvor hatte der Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, noch beteuert: "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." Dieser Niemand begann dann am Sonntag, 13. August 1961, Stacheldraht an der Grenze zu ziehen. So viele Soldaten und Polizisten waren aufmarschiert wie nur denkbar. Ostberlin glich einem Heerlager. Und nur wenige Tage später wuchs dann auch die Mauer in die Höhe.

Der ständige Strom von DDR-Flüchtlingen in den Westen wurde immer stärker, bis die mächtigen Kommunisten in Ostdeutschland meinten, sie müssten die "Notbremse" ziehen. In der Ausgabe vom 14. August schrieb die SZ auf der Titelseite "Kommunistische Truppen riegeln Ostberlin ab. Der Flüchtlingsstrom wurde brutal unterbrochen." In einem Kommentar spiegelte sich das ganze Entsetzen, das die Geschehnisse hervorriefen, wider: "Welch ein übler Wille zu Gewalt und Mißachtung des Rechts . . . Welch barbarisches Mittel . . . Das einzige Heilmittel gegen diesen physischen und moralischen Zusammenbruch eines von der Bevölkerung leidenschaftlich abgelehnten kommunistischen Staates liegt in der Wiedervereinigung Deutschlands, das heißt in der Wiederherstellung einer natürlichen Ordnung aus dem Selbstbestimmungsrecht aller Deutschen."

50 000 Ostberliner, die bis dahin im Westteil der Stadt arbeiteten, mussten sich neue Stellen suchen. Agitatoren der SED versuchten, die aufgeregten Menschen zu beruhigen. Wohl mit wenig Erfolg, in der nächsten Ausgabe titelte die SZ: "Scharfer westlicher Protest in den nächsten Stunden erwartet." Übrigens wandte sich der Leitartikler unserer Zeitung auch an die hiesigen Anhänger des Sozialismus. Der Weg ins Land "ihrer Sehnsucht" wäre frei. Aber: "Sie wollen nicht. Selbst ihnen gefällt es besser in der Freiheit Westdeutschlands. Wir haben Verständnis dafür. Aber sie selbst sollten als Gegenleistung dieses Verständnisses dafür eintreten, daß auch die Deutschen der Zone die gleiche Freizügigkeit genießen: Zu gehen oder zu bleiben, ganz wie es ihnen beliebt."

Was sonst noch geschah:

14. August 1949: Bei der Wahl zum ersten Deutschen Bundestag wird die CDU/CSU stärkste Fraktion.

8. August 1963: Der große Postraub in England sorgt weltweit für Aufsehen.

9. August 1974: Richard Nixon tritt als erster Präsident der USA zurück.

saarbruecker-zeitung.de/

250-jahre

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