WM-Kolumne Von Energiewesen, Hunden und meinem Favorit Goleo
Seit 1966 hat jede Fußball-WM ein Maskottchen. Tiere, Früchte, abstrakte Kunstfiguren – dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Gelungen waren nicht alle – und eines war sogar halbnackt.
Kennen Sie Zabivaka? Den Wolf mit blau-weißem T-Shirt, einer roten Hose und Brille auf dem Kopf. Zabivaka, was auf Russisch so viel heißt wie „Der ein Tor schießt“, ist das offizielle Maskottchen dieser Fußball-WM. Bei einer Abstimmung im Internet sollen sich mehr als eine Million Russen für den Namen ausgesprochen haben. Und jetzt turnt er fleißig durch die sozialen Netzwerke. Ein hübscher Anlass, mal ein wenig auf die Geschichte der bisherigen WM-Maskottchen zu blicken.
Begonnen hatte es 1966 in England mit dem ersten Maskottchen, World Cup Willie. Ein Hund. Passte auch ganz gut, denn im März vor dem Turnier hatte mit „Pickles“ ein Hund geholfen, den gestohlenen WM-Pokal wiederzufinden.
Weiter ging es 1970 in Mexiko mit Juanito, einem grotesk bauchfreien Mainzelmännchen-Imitat mit riesigem Sombrero. Gastgeber und WM-Sieger Deutschland setzte 1974 auf Tip und Tap, zwei seltsam zusammengewachsene Männchen, die wieder bauchfrei waren. 1978 in Argentinien gab es mit Gauchito ein kleines, Fußball spielendes Männchen, ehe es kreativer wurde. Es folgten 1982 in Spanien eine debil dreinblickende Orange mit Ball, „Naranjito“ (Apfelsinchen) genannt, und 1986 in Mexiko Pique, eine grüne Chilischote, die man auch für einen Kaktus hätte halten können.
1990 beim deutschen Titelgewinn in Italien wurde es abstrakt, die Strichmännchen-Figur namens Ciao hatte einen Fußball als Kopf und war das erste computeranimierte Maskottchen der WM-Geschichte – Ausdruck einer neuen Zeit. 1994 kam in den USA wieder ein traditioneller Hund (Striker) zum Zug, 1998 in Frankreich ein Hahn (Nationalsymbol) namens Footix. 2002 in Südkorea und Japan machten mir die skurrilen Ato, Kaz und Nik, eine Art Energiewesen, Angst. 2010 in Südafrika der Leopard Zakumi und 2014 in Brasilien das Gürteltier Fuleco, die beide nur mit ganz viel Fantasie als solches erkennbar waren, gingen an mir vorbei.
Aber der Gottvater der Maskottchen tauchte 2006 beim deutschen Sommermärchen auf: Goleo. Der Löwe hatte ein Trikot an, aber keine Hose. Was würde das heute für einen Shitstorm bei Twitter und Facebook geben?
Ich fand Goleo super. Er hatte einen sprechenden Ball namens Pille dabei. Die komischen Proportionen waren skurril. So schlecht, dass es wieder gut war. Und das fehlende Beinkleid störte null. Schließlich tragen auch viele meiner Heroen in Entenhausen, egal ob Donald Duck, Onkel Dagobert oder eigentlich die meisten Enten, Matrosenanzüge, Gehröcke, Zylinder, Kneifer, Gamaschen – nur halt keine Hosen.