Von der Breite an die Spitze

Die Zahlen sind beeindruckend. Über 73 000 Mitglieder, davon mehr als 26 000 Jugendliche. 25 Abteilungen, davon vier Olympische Sportarten. Und an der Spitze ein Anstieg der Kaderathleten in den vergangenen drei Jahren von fünf auf 15. Die Rede ist vom Saarländischen Turnerbund (STB)

 Trainingsalltag an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken. Landestrainer Viktor Schweizer, der für die Entwicklung der männlichen Gerätturner verantwortlich ist, gibt einem Schüler Hilfestellung. Fotos: Rolf Ruppenthal

Trainingsalltag an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken. Landestrainer Viktor Schweizer, der für die Entwicklung der männlichen Gerätturner verantwortlich ist, gibt einem Schüler Hilfestellung. Fotos: Rolf Ruppenthal

Die Zahlen sind beeindruckend. Über 73 000 Mitglieder, davon mehr als 26 000 Jugendliche. 25 Abteilungen, davon vier Olympische Sportarten. Und an der Spitze ein Anstieg der Kaderathleten in den vergangenen drei Jahren von fünf auf 15. Die Rede ist vom Saarländischen Turnerbund (STB). Für seine Talentförderung auf Basis des neuen Leistungssportkonzepts "Von der Breite an die Spitze" wurde der STB am 10. Februar mit dem Hermann-Neuberger-Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet am kommenden Dienstag um 17 Uhr an der Hermann-Neuberger-Sportschule statt.Über das Preisgeld von 7500 Euro freut sich vor allem der STB-Vizepräsident für die Olympischen Sportarten, Franz-Josef Kiefer, der die Bewerbung für den begehrten Nachwuchs-Preis zusammengestellt hat - mit Erfolg. Für Kiefer ist die Auszeichnung jedoch nur ein weiterer Schritt in einem Prozess, für den noch viel getan werden muss. Dafür will der STB 2012 über 230 000 Euro in die Hand nehmen. "Wir streben ein pyramidales System an. Dafür müssen wir, neben dem Spitzensport, auch den Breitensportbereich erhalten. Nämlich für die Athleten, die nicht bis in die Spitze kommen oder wollen", erklärt Kiefer, "es geht um mehr als nur Leistung. Es geht um Integration, Gesellschaft, Wohlfühlen und Kontakte knüpfen".

Momentan wird beim STB in den Sparten Gerätturnen männlich und weiblich, Rhythmische Sportgymnastik (RSG) und Trampolinturnen Leistungssport betrieben. Dabei beinhalten die neu gegründeten STB-Turnschulen, in die der Verband jährlich 4000 Euro steckt, einen Großteil des Konzepts. Sie fördern die Basis-Ausbildung von talentierten Kindern, die an die Turn-Talentschule des Deutschen Turnerbundes (DTB) herangeführt werden sollen. Anschließend folgen die Ebenen DTB-Turn-Zentrum und DTB-Bundesstützpunkt.

Das Hauptaugenmerk liegt bei den männlichen Gerätturnern, wobei Kiefer die drastische Schwerpunktsetzung der vergangenen Jahre nicht zufriedenstellt. "Wir wollen die Lücken zu den anderen Sparten nach und nach schließen. Die jüngsten Ergebnisse lassen uns sowieso keine Wahl", erläutert er. Damit meint Kiefer die Erfolge der weiblichen Gerätturnerinnen des TV Eppelborn, die diese Saison in die 3. Liga aufgestiegen sind.

Aber auch die Trampolinturner und Sportgymnastinnen sind erfolgreich. "Unsere RSG stieg quasi über Nacht in die Weltspitze auf. Das war nicht zu erwarten. Auch die Trampolinturner sind in der Bundesliga, was nur wenige wissen", sagt Kiefer, "wir werden zwar immer eine Prioritätensetzung haben, aber wir müssen die Waage halten und dort unterstützen, wo wir Erfolge haben".

Nicht nur die Diskrepanz zwischen den Sparten sei eine Baustelle beim STB. So sollen - neben dem Stützpunkt an der Sportschule - die Stützpunkte in Dillingen und Homburg-Erbach weiter aufgebaut werden, damit einerseits die Masse an Athleten entzerrt wird, andererseits auch eine Trainings-Strukturierung erfolgen kann. Darüber hinaus ist der demografische Wandel auch beim Turnerbund ein großes Thema: "Die Arbeit mit Schulen und Vereinen muss enger werden. Die Kinder haben immer weniger Zeit für den Sport", sagt Kiefer: "Uns schwebt vor, eine Mischung aus Vereinstrainer und Sportlehrer zu installieren. Denn der Leistungssport, an dem wir gemessen werden, ist in den Vereinen verankert. Nur da können wir wirklich Talente sichten. Und die Schulen werden in Zukunft noch mehr zum zentralen Lebensmittelpunkt der Kinder."

Ein weiteres Credo Kiefers ist es, verbandsübergreifend zu arbeiten. "Wir müssen allgemein die Ressourcen bündeln und mit Egoismen zurücktreten. Denn wir stehen gemeinsam in Konkurrenz mit anderen Freizeitaktivitäten Jugendlicher wie Computer und Co.", weiß Kiefer.

Ebenfalls ein Dorn im Auge sei die "Scharlatanerie", zuzulassen, dass Kinder für den Leistungssport die Ausbildung vernachlässigen. Nicht die Leistung, sondern der Mensch in seiner Ganzheit sei entscheidend. Die Eliteschule des Sports dient Kiefer, der dort als Schulleiter tätig ist, als Paradebeispiel: "Das klappt reibungslos. Wenn sich ein Athlet verletzt und mit dem Sport aufhören muss, kann er einfach den Zweig wechseln." Als Sportler habe man nur den Kopf frei, wenn alles andere mitläuft. Foto: Ruppenthal

Hintergrund

 Franz-Josef Kiefer

Franz-Josef Kiefer

Der Hermann-Neuberger-Preis 2011 wird vom Landessportverband für das Saarland vergeben. Die Preisverleihung findet am Dienstag um 17 Uhr an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken statt. Laudator der Veranstaltung ist der Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes, Horst Rudolf Schmidt. Neben dem Saarländischen Turnerbund, der mit der höchsten Auszeichnung 7500 Euro erhält, gibt es sechs weitere Preisträger. Die Hermann-Neuberger-Plaketten sind jeweils mit 4500 Euro dotiert und gehen an den Ruderverein Saarbrücken und die HSG Völklingen (Handball). Eine Hermann-Neuberger-Medaille und jeweils 1500 Euro erhalten der Sportclub Reisbach (Fußball), der Saarländische Tennisbund, Trisport Saar Hochwald (Triathlon) und der Golfverband Saar. jan

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