Vom Winde verweht Mixed-Wettbewerb beschert den Skispringern eine Medaille

Val di Fiemme. Björn Kircheisen schimpfte wie ein Rohrspatz, Tino Edelmann fluchte, was das Zeug hielt. Und Bundestrainer Hermann Weinbuch erhob sogar schwere Vorwürfe gegen die Jury. Nach dem WM-Drama im Team-Wettbewerb fühlten sich Deutschlands Nordische Kombinierer um eine Medaille betrogen

 Die Kombinierer Björn Kircheisen, Fabian Rießle, Tino Edelmann und Eric Frenzel (von links, erst obere Reihe, dann unten) hatten gestern im Team-Wettbewerb der WM richtig großes Pech. Foto: Karmann/dpa

Die Kombinierer Björn Kircheisen, Fabian Rießle, Tino Edelmann und Eric Frenzel (von links, erst obere Reihe, dann unten) hatten gestern im Team-Wettbewerb der WM richtig großes Pech. Foto: Karmann/dpa

Val di Fiemme. Björn Kircheisen schimpfte wie ein Rohrspatz, Tino Edelmann fluchte, was das Zeug hielt. Und Bundestrainer Hermann Weinbuch erhob sogar schwere Vorwürfe gegen die Jury. Nach dem WM-Drama im Team-Wettbewerb fühlten sich Deutschlands Nordische Kombinierer um eine Medaille betrogen. Das deutsche Quartett verpasste gestern nicht nur das erhoffte erste Gold seit 26 Jahren, sondern blieb als Sechster sogar erstmals seit 2001 in Lahti ohne Edelmetall. "Ich habe keine Lust mehr. Wir trainieren wie blöd. Die Jungs sind bereit, eine Show abzuziehen. Und dann wird ihnen diese Chance genommen", übte Weinbuch heftige Kritik an der Rennleitung des Weltverbandes.

Nach einem Sprung auf der Normalschanze und der 4x5-Kilometer-Staffel lag das Quartett, das durch Eric Frenzel und Fabian Rießle komplettiert wurde, gestern 1:07,6 Minuten hinter Weltmeister Frankreich. Silber ging an Norwegen vor den USA. "Die Enttäuschung ist riesengroß. Wir hätten gar kein Glück auf der Schanze gebraucht. Es hätte schon gereicht, wenn wir kein Pech gehabt hätten", sagte Frenzel.

Doch davon gab es für die Kombinierer reichlich. "Wir hatten mit Abstand die schlechtesten Windbedingungen von allen Nationen. Ich war bei der Jury und habe denen gesagt, das sind Athleten und keine Marionetten. Aber man hat mir gesagt, eine Verlegung sei wegen der TV-Übertragung nicht möglich. Komischerweise sagt das Fernsehen etwas anderes", berichtete Weinbuch.

Die vier deutschen Athleten kamen zusammen auf 17,3 Windpunkte - hatten also alle heftigen Rückenwind. "Alle anderen Nationen hatten beim Wind Punktabzüge. Das sagt alles", erklärte der Bundestrainer und bemühte eine Verschwörungstheorie: "Wir haben einen technischen Direktor aus Norwegen, einen Renndirektor aus Norwegen, und der Mann an der Ampel kommt auch aus Norwegen. Aber das interessiert offenbar niemanden."

Der Rückstand nach dem Springen von 1:14 Minuten zur Spitze erwies sich in der Loipe als zu schwere Hypothek. "Das konnten wir nicht mehr kompensieren", sagte Weinbuch. "Wir sind frustriert und wütend auf die Jury, die nicht ordentlich gearbeitet hat. Ob fair oder nicht, interessiert dort keinen", schilderte Edelmann die Stimmung in der Mannschaft.

Zwar machte Kircheisen als Startläufer eine halbe Minute gut, doch der Kontakt nach vorne war für seine Kollegen zu keiner Rennsituation möglich. "Wir wollten eine Medaille, und dann kommt solch ein Tag. Heute früh haben einige Leute Fehler gemacht. Das ist auf uns zurückgefallen. Dafür braucht man nicht ein Jahr lang trainieren", schimpfte der WM-Dritte im Einzel und stellte ebenfalls die Jury an den Pranger: "Die wollten alles auf Biegen und Brechen durchziehen. Die Athleten sind denen egal."

Wegen der schwierigen Windbedingungen musste der Wettbewerb am Vormittag sogar für rund 20 Minuten unterbrochen werden. Die dritte Gruppe durfte danach noch einmal von vorn beginnen. "Ich verstehe nicht, warum man den Wettbewerb nicht komplett neu gestartet hat. Aus meiner Sicht war das heute völlig irregulär", sagte Edelmann. "Die Deutschen hatten heute Pech, denn sie hatten die schlechtesten Bedingungen", räumte Renndirektor Lasse Ottesen ein, betonte aber: "Es ist alles regelkonform abgelaufen." dpa

Val di Fiemme. Die deutschen Skispringer haben bei der Weltmeisterschaft in Italien die Bronzemedaille im neuen Mixed-Wettbewerb gewonnen. Severin Freund, Richard Freitag, Carina Vogt und Ulrike Gräßler mussten nur den überragenden Japanern und Österreich den Vortritt lassen.

"Es hat jeder sein Bestes gegeben, in der Summe war das eine gute Leistung unserer Mannschaft", erklärte Bundestrainer Werner Schuster: "Es ist toll für die Jungen und Mädchen, dass wir heute diese Bronzemedaille gewonnen haben. Dieser Wettkampf ist spannend, das Niveau steigt von Jahr zu Jahr." Freitag, der mit 102,5 Metern für den weitesten Sprung der deutschen Mannschaft sorgte, sagte: "Wir können alle happy sein. Es macht Lust auf mehr." Für das deutsche Team war es bei den Titelkämpfen in Val di Fiemme in der zwölften von 21 Entscheidungen die zweite Medaille. Zuvor hatte Kombinierer Björn Kircheisen Bronze geholt.

Am Samstag bei der Entscheidung auf der Normalschanze waren die deutschen Männer noch an den Medaillen vorbeigeflogen. Freund landete beim Sieg des Norwegers Anders Bardal auf dem vierten Platz und verpasste Bronze um 1,7 Punkte. Silber holte sich Topfavorit Gregor Schlierenzauer aus Österreich vor dem Slowenen Peter Prevc. "Leider scheiße", sagte Freund über den undankbaren vierten Platz. Teamkollege Freitag war im zweiten Durchgang vom vierten auf den sechsten Rang zurückgefallen. sid

Auf einen Blick

Die deutschen Skilangläufer warten bei der WM auch nach sechs Wettbewerben auf eine Medaille. Axel Teichmann und Tim Tscharnke verpassten als Neunte beim Teamsprint ebenso die Spitzenränge wie Denise Herrmann und Hanna Kolb, die Achte wurden.

Bei den Männern holte der russische Olympiasieger Nikita Krijukow an der Seite von Alexej Petuchow drei Tage nach seinem Erfolg im Einzel sein zweites Gold. Bei den Frauen schrieben Kikkan Randall und Jessica Diggins Geschichte: Nie zuvor hatte ein US-Langläufer bei einer WM Gold gewonnen. Beim Skiathlon am Samstag hatten Dario Cologna (Schweiz) und Marit Bjørgen (Norwegen) gesiegt. sid

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