Vom Mittelfeld ins Chaos

Gelsenkirchen. Die Rolle als gute Seele des FC Schalke 04 spielt Marcelo Bordon nun ja schon seit einiger Zeit. 2004 wechselte der gläubige Brasilianer vom VfB Stuttgart ins Revier und mit jeder Saison wuchs er dort mehr zum sportlichen Gesicht von S04 heran

 Kevin Kuranyi zieht sich warm an: Er sprach zuletzt in Interviews immer wieder von einem unterkühlten Verhältnis zwischen ihm und dem FC Schalke 04. Foto: dpa

Kevin Kuranyi zieht sich warm an: Er sprach zuletzt in Interviews immer wieder von einem unterkühlten Verhältnis zwischen ihm und dem FC Schalke 04. Foto: dpa

Gelsenkirchen. Die Rolle als gute Seele des FC Schalke 04 spielt Marcelo Bordon nun ja schon seit einiger Zeit. 2004 wechselte der gläubige Brasilianer vom VfB Stuttgart ins Revier und mit jeder Saison wuchs er dort mehr zum sportlichen Gesicht von S04 heran. Vor gut zwei Jahren schob er auf Schalke bei einem Presseboykott den längsten Schweigemarathon in der Geschichte der Liga an - und in diesen Tagen läuft der 33-Jährige wieder mit einer Miene durch Gelsenkirchen, als gelte es, ein schwerwiegendes philosophisches Problem zu lösen.

"Ich will hier keinen Zirkus machen", murmelte Bordon vor dem brisanten Mittelfeld-Duell gegen Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr) und erläuterte: "Wir haben Probleme. Aber darüber müssen der Vorstand und der Trainer reden, ich darf das nicht." Und während um ihn herum in nie gekanntem Ausmaß Spieler verkauft (Ernst, Lövenkrands), ausgeliehen (Streit, Zé Roberto), ins Reserve-Team verbannt (Grossmüller) oder zur Vertragsauflösung gebracht werden (Varela), hat auch Kapitän Bordon die Zeichen der Zeit erkannt und erklärt, aus seinem bis Sommer 2011 gültigen Kontrakt im Bedarfsfall schon ein Jahr früher auszusteigen.

Denn der Trend ist eindeutig: Schalke, das bei einer weiteren Niederlage im Kräftchenmessen mit Bremen Einnahmen aus internationalen Wettbewerben für die nächste Saison endgültig in den Wind schreiben kann, braucht dringend Kohle. Das geradezu panische Treiben beim Transfer von Fabian Ernst zu Besiktas Istanbul am Montag war bezeichnend für die Lage. "Sicher herrschte da etwas Unruhe, aber das ist jetzt auch erledigt", wiegelt Trainer Fred Rutten nach Kräften ab - und hält fest: "Wir haben nur ein Problem: Wir müssen das Spiel gegen Werder Bremen gewinnen."

Ruttens Ein-Problem-These beweist jedoch: Der Niederländer neigt zu heftigen Untertreibungen, präsentierte sich der FC Schalke in der zurückliegenden Woche doch außer Rand und Band. So schien selbst der Clubführung beim genehmigten Kurzurlaub für Angreifer Farfán nicht klar, ob der Peruaner in seiner Heimat tatsächlich die sterbenskranke Großmutter besucht hat oder doch nur seine kriselnde Beziehung in Ordnung bringen musste. Da deutete Nationalmannschafts-Flüchtling Kevin Kuranyi in seltsamen Interviews unentwegt ein zerrüttetes Verhältnis zwischen ihm und dem Verein an - und Manager Andreas Müller ließ zwischendurch den Satz fallen: "Man muss auch erst einmal sehen, wie es mit mir weitergeht."

Immerhin: Mit den 4,5 Millionen Euro, die für Ernst vom Bosporus ins Revier fließen, haben die Blau-Weißen das absehbare Finanzloch vorsorglich schon einmal ein Stück zugekleistert. Ungeachtet dessen kündigt Präsident Josef Schnusenberg weitere Sparmaßnahmen an: "Wir haben den zweithöchsten Etat in der Bundesliga - davon wollen wir runter."

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