Vollgas im Wohnzimmer

Le Mans · Es gibt im Motorsport viele Rennen, um die sich Mythen ranken: die 500 Meilen von Indianapolis, der Große Preis von Monaco, die Rallye Monte Carlo. Doch kein Rennen gilt als so hart wie die 24 Stunden von Le Mans. Ein Saarländer hofft auf den Sieg.

 Roter Bereich: Das Auto von Timo Bernhard ist in Le Mans rot-weiß lackiert. Das Design ist eine Reminiszenz an den Porsche 917, mit dem die Schwaben 1970 den ersten Gesamtsieg bei dem 24-Stunden-Klassiker einfuhren. Foto: Porsche

Roter Bereich: Das Auto von Timo Bernhard ist in Le Mans rot-weiß lackiert. Das Design ist eine Reminiszenz an den Porsche 917, mit dem die Schwaben 1970 den ersten Gesamtsieg bei dem 24-Stunden-Klassiker einfuhren. Foto: Porsche

Foto: Porsche

"Es ist unser Wimbledon. Ein magischer Ort. Einfach der Wahnsinn." Timo Bernhard fiebert dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans schon seit Wochen entgegen. Es ist einer der großen Klassiker im Rennkalender, eines der letzten echten Abenteuer. Teilweise führt die mehr als 13 Kilometer lange Strecke über normale Landstraßen, über die an 360 Tagen im Jahr dicke Brummis rumpeln. Beim Rennen am Samstag ab 15 Uhr fliegen dann die Sportprototypen mit bis zu Tempo 340 über den Asphalt.

Seit Bernhard denken kann, hat er von einem Sieg hier geträumt. Und ein Siegerpokal steht auch schon im Haus in Bruchmühlbach-Miesau. 2010 feierte Bernhard den Gesamtsieg mit Audi . Doch insgeheim schlug sein Herz immer für Porsche . Bernhard erinnert sich: "2002 habe ich in Le Mans als junger Fahrer die GT-Klasse gewonnen. Die Begeisterung der Fans für Porsche war schon vor dem Rennen unvorstellbar. Das ging unter die Haut."

Porsche eilt in Le Mans ein Ruf wie Donnerhall voraus. Die Traditionsstrecke ist so etwas wie das "Wohnzimmer " der Schwaben. 16 Gesamtsiege haben sie hier eingefahren - ein bis heute unerreichter Rekord. Allerdings: Der letzte Sieg liegt auch schon 17 Jahre zurück, danach zog sich Porsche aus der Top-Klasse zurück. Mittlerweile gibt Audi das Tempo vor, die Ingolstädter gewannen immerhin 13 der letzten 15 Rennen .

Bei der Rückkehr von Porsche auf die große Bühne im vergangenen Jahr stand Bernhard dennoch kurz vor seinem zweiten Triumph. "Ich werde nie vergessen, wie mir der Renn-Ingenieur nach 20 Stunden am Funk gesagt hat, dass ich gerade in Führung gegangen bin. Den Ausfall zwei Stunden später vergisst man aber auch nicht." Alle waren am Boden. Ein Pfennigsteil am Motor des Porsche 919 Hybrid war kaputt gegangen.

Porsche gegen Audi - auf dieses Duell läuft es auch am kommenden Wochenende hinaus. Die Rivalität der beiden Konzernschwestern funkelt aus jeder Schweißnaht - und elektrisiert die Massen. 250 000 Zuschauer werden erwartet. "Le Mans wird in diesem Jahr ein Hammer - so viel steht fest", sagt Rennlegende Hans-Joachim Stuck. In der Tat ist es auch ungewöhnlich, wenn die schönsten Töchter einer Familie vor großem Publikum aufeinander einschlagen. Beide setzen dabei auf ganz unterschiedliche Technik. Audi traditionell auf einen Diesel mit relativ kleinem Elektromotor und ein exzellentes Fahrwerk. Porsche auf einen kleinen Benzin-Motor und komplexe Hybrid-Technik. Unterm Strich kommt Audi auf 900 PS, Porsche auf fast 1000. Die hat auch der dritte Siegkandidat: Toyota . Doch das Team, das 2014 fünf der acht Langstrecken-Rennen gewann und Weltmeister wurde, fuhr in den ersten beiden Saisonrennen noch hinterher.

Auch bei Bernhard lief bislang nicht alles nach Wunsch. "Wir standen in den beiden bisherigen Läufen jeweils auf Startplatz eins, haben beide Male geführt und hätten vom reinen Speed her das Rennen gewinnen können", sagt Bernhard. Doch technische Probleme warfen das Team einmal auf Platz drei zurück, einmal sogar ganz aus dem Rennen . Das wurmt.

Für Le Mans ist der Homburger dennoch optimistisch: "Ich fühle mich so gut wie nie, sowohl was das Tempo als auch was die Erfahrung angeht. Und wir sind als Team eine so eingeschworene Gemeinschaft, so etwas habe ich bislang noch nie erlebt." Auch ein letzter 30-Stunden-Test in Spanien verlief vielversprechend. Die Haltbarkeit wurde getestet, alle Abläufe nochmal geübt. Rund 40 000 Test-Kilometer hat Porsche seit Winter zurückgelegt - eine Strecke, die dem Erdumfang entspricht. Doch Bernhard weiß auch: "Man kann viel üben und simulieren. Aber Le Mans ist dann doch immer anders." Halt eine Legende.

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Auf einen Blick Timo Bernhard könnte in diesem Jahr in Le Mans ein historischer Erfolg gelingen: der 17. Gesamt-Sieg für Porsche - 17 Jahre nach dem letzten Triumph. "Für mich ist es zudem das 17. Jahr im professionellen Motorsport", sagt Bernhard. Um die Symbolik zu komplettieren, schickt Porsche Bernhards Auto mit der Startnummer 17 ins Rennen - und mit besonderer Lackierung. Während die zwei anderen Werkswagen in Weiß und Schwarz antreten, ist der von Bernhard und seinen Teamkollegen Mark Webber und Brendon Hartley in auffälligem Rot-Weiß lackiert. Eine Hommage an den ersten Sieg 1970. Damals gewann ein roter Porsche 917 mit Hans Herrmann und Richard Attwood. wip

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