Vogt im siebten Skisprung-Himmel
Krasnaja Poljana · Carina Vogt hat sich mit einer grandiosen Flugshow zum historischen Gold-Coup sensationell einen Platz im Olymp gesichert. Die WM-Dritte krönte in Sotschi ihre bärenstarke Saison mit dem Triumph bei der olympischen Premiere des Frauen-Skispringens.
Nach ihrem Gold-Flug in die olympischen Geschichtsbücher kauerte Carina Vogt eine gefühlte Ewigkeit im Auslauf, dann fiel sie beim Anblick der historischen 1 weinend in den Schnee und wurde von ihren Teamkolleginnen vor Freude schier erdrückt. "Ich bin sprachlos, kann es nicht fassen, keine Ahnung, was ich sagen soll", stammelte sie. "Die Sekunden hier unten waren schrecklich - bis das Ergebnis kam." Bei der Olympia-Premiere des Damen-Skispringens krönte sich die 22-Jährige gestern zur ersten Olympiasiegerin und sorgte mit ihrem zugleich ersten Karriere-Erfolg für das vierte Gold der deutschen Mannschaft bei den Winterspielen in Sotschi. "Wir hatten mit Rang zwei oder drei geliebäugelt. Aber Olympia und der Sport schreiben immer wieder neue Geschichten", jubelte Bundestrainer Andreas Bauer über den unerwarteten Triumph und dankte seinem gesamten Trainerteam: "Was sich in den vergangenen drei Jahren aufgebaut hat, ist einmalig."
Mit 103 und 97,5 Metern verwies Vogt in einem dramatischen Finale die Österreicherin Daniela Iraschko-Stolz um 1,2 Punkte auf Rang zwei. Dritte wurde die Französin Coline Mattel vor Top-Favoritin Sara Takanashi aus Japan, die in diesem Winter zehn von 13 Weltcups gewonnen hatte.
"Es ist wichtig, dass man nicht versucht, etwas anders zu machen. Wenn ich meine Leistung abrufe, werde ich auch vorne dabei sein", hatte Vogt vor dem Wettkampf erklärt. An diese Maxime hielt sich die Bundespolizistin. Unaufgeregt und unbeeindruckt stürzte sie sich zu Tal. Schon als Vierjährige hatte Vogt den Weitenjägern im Fernsehen begeistert zugeschaut. Mit sechs Jahren sprang sie erstmals von einem Bakken und blieb ihrer großen Leidenschaft treu. Im Vorjahr feierte sie mit WM-Bronze im Mixed ihren bis dato größten Erfolg.
Seither ging es noch einmal nach vorn. "Sie ist reifer geworden und psychisch stabiler. Vorige Saison war es für sie noch etwas Besonderes, um die Podestplätze mitzuspringen. In diesem Jahr ist sie da relativ cool. Sprungtechnisch hat sie sich auch verbessert", beschrieb Bauer die Stärken seiner Musterschülerin. Für Ulrike Gräßler, die drei Tage vor dem Wettbewerb noch mit Fieber im Bett gelegen hatte, war Vogts Medaille ein kleiner Trost. "52 Wochen im Jahr bin ich gesund und in der einen, wo es darauf ankommt, nicht. Das ist ein unbeschreiblich bitterer Moment", haderte die sie über ihren 22. Platz.