Bahnrad-WM in Polen Vogels Anwesenheit soll beflügeln

Pruszkow · Der Bund Deutscher Radfahrer steht bei der Bahnrad-WM vor einer schwierigen Mission. Erstmals fehlt der einstige Medaillengarant.

 Kristina Vogel wird erstmals seit Jahren bei einer Bahnrad-WM nicht durch das Oval brettern, sondern nur als Zuschauerin dabei sein.

Kristina Vogel wird erstmals seit Jahren bei einer Bahnrad-WM nicht durch das Oval brettern, sondern nur als Zuschauerin dabei sein.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Auf die fast sicheren Medaillen von Kristina Vogel können die deutschen Bahnrad-Asse nicht mehr zählen, auf ihre moralische Unterstützung schon. „Ich bin froh, dass ich da sein und aus nächster Nähe anfeuern kann. Ich bin immer noch dabei, diesmal halt als Fan-Girl und Groupie am Rande der Bahn“, sagt die langjährige Sieggarantin vor der am heutigen Mittwoch beginnenden Bahnrad-WM im polnischen Pruszkow. Trotz ihres tragischen Trainingsunfalls vor sieben Monaten in Cottbus ist der Bahnradsport für die seitdem querschnittsgelähmte Doppel-Olympiasiegerin eine Herzensangelegenheit.

Nicht nur als Fan, sondern auch als Co-Kommentatorin im TV-Kanal des Radsport-Weltverbandes UCI sowie als Athletensprecherin wird Vogel bei der WM allgegenwärtig sein. „Früher bestand mein Tag vor allem aus Training. Da war meine große Sorge, dass ich jetzt nichts mehr zu tun habe. Aber ich habe zum Glück sehr viel zu tun – das macht mir Spaß“, sagt Vogel, die bei den Thüringer Kommunalwahlen am 26. Mai für die CDU für den Stadtrat in Erfurt kandidiert.

Ihr Fehlen als Sportlerin ist für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) aber nicht zu kompensieren. „Sie war nicht nur das sportliche Aushängeschild, sondern hatte auch Führungsqualitäten innerhalb der Mannschaft“, betont BDR-Sportdirektor Patrick Moster: „Kristina kann man nicht ersetzen, das muss man ganz klar festhalten – weder sportlich noch menschlich. Es ist schön zu wissen, dass sie da ist und die Mannschaft unterstützt. Das pusht alle Beteiligten.“

Doch nicht nur die erste WM ohne Rekord-Weltmeisterin Vogel seit Langem macht den BDR-Auftritt der 24 deutschen Sportler, darunter auch die Saarländerin Lisa Klein, vor den Toren Warschaus zu einer schwierigen Mission. Die WM ist der Abschluss der ersten Hälfte der Olympia-Qualifikation. „Danach wissen wir, wo wir uns in der Rangliste wiederfinden und wo wir im Hinblick auf Tokio noch nachjustieren müssen“, sagt Moster. Im Vorjahr im niederländischen Apeldoorn belegte der BDR mit vier Gold- und zwei Bronzemedaillen Platz zwei in der Nationenwertung. In diesem Jahr gibt sich der Sportdirektor – auch wegen Vogels Fehlen – demütiger: „Medaillen sind erst einmal sekundär. Wichtig ist, dass wir unsere Olympia-Startplätze festigen.“

Gleich zu Beginn der Titelkämpfe an diesem Mittwoch stehen die deutschen Sprinter im Fokus. Miriam Welte (32), Emma Hinze, Pauline Grabosch (beide 21) und die erst 19-jährige WM-Debütantin Lea-Sophie Friedrich stehen bei den Frauen vor der schwierigen Aufgabe, das schwere Erbe Vogels anzutreten. Vor allem auf Welte, die mit Vogel unter anderem vier WM-Titel und 2012 in London olympisches Gold gewann, ruhen in Pruszkow die deutschen Hoffnungen. Da ist die Pfälzerin froh, dass ihre langjährige Erfolgspartnerin Vogel in Polen vor Ort sein wird. „Das gibt uns sicher noch zusätzliche Unterstützung und Kraft. Ich glaube schon, dass wir alle dadurch noch einmal einen extra Motivationsschub bekommen und ein paar Prozent mehr rausholen können“, betont Welte vor ihrer 14. WM-Teilnahme.

Wie Moster rechnet sich auch Welte trotzdem etwas aus. „Wir wollen keinen Druck aufbauen. Aber wenn wir realistisch sind, ist ein Top-Fünf-Platz auf alle Fälle machbar. Man hat bei den Weltcups gesehen, dass wir gute Platzierungen herausfahren können“, sagt Welte.

Bei den deutschen Männern, bei denen der viermalige Weltmeister Maximilian Levy auf einen Start verzichtet, geht es vor allem darum, den für Tokio nötigen achten Platz in der Nationenwertung zu verteidigen. „Wir müssen zurzeit kleine Brötchen backen“, sagt Bundestrainer Detlef Uibel. Der Unterstützung von „Fan-Girl“ Vogel kann er sich sicher sein. „Wir sind jahrelang zusammen gereist, da haben sich Freundschaften entwickelt. Ich werde richtig mitfiebern“, sagt Vogel.

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