Handball Vier Stunden im Auto für eine Trainingseinheit

Fürstenhausen · Marcus Simowski trainiert den früheren Handball-Bundesligisten TV Willstätt, bleibt aber in Völklingen wohnen und arbeitet auch weiterhin hier.

 Der Völklinger Marcus Simowski trainiert jetzt den ehemaligen Bundesligisten TV Willstätt.

Der Völklinger Marcus Simowski trainiert jetzt den ehemaligen Bundesligisten TV Willstätt.

Foto: Christian Wulf

Wer macht so etwas? Vier Mal pro Woche nach der Arbeit die Sporttasche packen, rund 150 Kilometer Trainings-Anfahrt – je nach Verkehrslage – in etwa zwei Stunden bewältigen, trainieren und sich anschließend wieder auf den Heimweg machen. Richtig, so etwas macht nur ein Verrückter. Ein Handball-Verrückter, um genau zu sein. Marcus Simowski heißt er. Der frühere Bundesligaspieler des TV Niederwürzbach ist der neue Trainer des früheren Bundesligisten TV Willstätt (1999 bis 2003, ab 2000 als SG Willstätt-Schutterwald), der seit 2010 in der Oberliga Baden-Württemberg spielt. Simowski trainierte zwischen 2013 und 2017 den RPS-Oberligisten HSV Merzig-Hilbringen (jetzt Saarlandliga).

„Es ist für mich einfach eine tolle Möglichkeit, sehr leistungsbezogen arbeiten zu können, ohne meinen Beruf aufgeben oder umziehen zu müssen“, sagt Simowski, dem vor Ort eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung steht. „Natürlich ist das ein großer Aufwand. Aber für den Handball nimmt man so etwas gerne in Kauf“, meint der Verwaltungsangestellte. Seine Familie steht hinter ihm – allen voran Ehefrau Rebecca: „Die Entscheidung haben wir gemeinsam getroffen. Handball ist in unserem Leben ein ganz wichtiger Faktor, bei dem meine Frau und meine Töchter mitfiebern.“

Mit Athletiktrainer Michael Hentschel, Co-Trainer Fredy Beker und dem bundesligaerfahrenen Torwarttrainer Hans-Peter Fries unterstützt ihn ein starkes Trainerteam, was nicht immer die Anwesenheit des Cheftrainers erfordert. So leitet Hentschel montags das Fitness­training. Auch der sportliche Leiter Rudi Fritsch wird die eine oder andere Einheit übernehmen. „Mit ihm telefoniere ich täglich“, sagt Simowski über Fritsch, der den Saarländer in die Ortenau lockte.

Entscheidend dafür war der Zeitpunkt der Anfrage. Nach zweieinhalb erfolgreichen Jahren in Merzig-Hilbringen folgte letzte Saison der Abstieg in die Saarlandliga. Schon im November 2016 teilte Simowski dem HSV mit, dass er seinen Vertrag nicht verlängern werde. Ausschlaggebend hierfür war die private Situation zu dieser Zeit. Neben seinem Beruf und dem Trainerjob kümmerte sich Simowski mit seiner Frau Rebecca auch um seinen pflegebedürftigen Vater sowie den an Leukämie erkrankten Schwiegervater. „Die letzten beiden Jahre waren sehr anstrengend. Ich habe dem Verein daraufhin mitgeteilt, dass ich eine Pause brauche“, erklärt der 49-Jährige. Der Schwiegervater verstarb Anfang Januar 2017, Simowskis Vater Anfang März. „Das hat unser Familienleben und damit auch die Basis, auf der ich mich entschieden hatte, wieder komplett verändert“, sagt Simowski.

Der TV Willstätt traf mit seiner Anfrage nicht nur den richtigen Zeitpunkt, sondern auch den richtigen Nerv. „Rudi Fritsch hat mir das Projekt vorgestellt und mich begeistert“, erinnert sich Simowski: „Es wird sich um alles gekümmert. Es macht einfach Spaß, in einem solchen Umfeld zu arbeiten.“ Seinen neuen Spielern machte er gleich eine Ansage: „Ich nehme vieles in Kauf, investiere viel Engagement und Herzblut. Das erwarte ich auch von euch.“

Im Ergebnis soll dies zu einer besseren Platzierung führen als Rang zwölf in der letzten Saison. Dafür muss der IT-Verwaltungsangestellte der Stadt Völklingen fünf Neuzugänge und seine Spielidee implementieren. „Ich will die Lust auf das Abwehrspiel in die Köpfe bekommen. So könnten wir nach dem Abstiegskampf eine entspanntere Runde absolvieren“, betont Simowski: „Es gibt viele positiv handballverrückte Personen in dieser Gegend.“ Jetzt ist es vier Mal pro Woche eine mehr.

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