Pfingstsportfest in Rehlingen Vetter kündigt einen Rekordwurf an

Rehlingen · Der Speerwurf-Weltmeister ist der Star beim Leichtathletik-Pfingstsportfest in Rehlingen – und will dort seinen Trainer übertreffen.

 Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter beim Training im Rehlinger Bungertstadion.

Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter beim Training im Rehlinger Bungertstadion.

Foto: Ruppenthal

Die Ansage ist klar und deutlich – und sie kommt vom Bundestrainer höchstpersönlich. „Es wird Zeit, dass hier endlich mal jemand den Stadionrekord weghaut“, sagt Boris Obergföll. Seit 20 Jahren stehen die 89,21 Meter in der Rekordliste des Rehlinger Leichtathletik-Pfingstsportfests eingemeißelt. 1998 hatte Obergföll, damals noch unter dem Namen Henry, im Bungertstadion seinen Speer auf diese Weite geschleudert. Einen Speer der eher billigen Variante, wie der einstige „Bär aus dem Warndt“ sich erinnert. Damals gab es noch keinen Rasen, sondern nur einen Hartplatz im Bungertstadion, „und ich wollte mir meinen besten Speer nicht ruinieren“, sagt Obergföll und lacht: „Ansonsten wären es vielleicht 93 oder 94 Meter gewesen.“

93 oder 94 Meter – Weiten, an die man jahrelang in dieser Disziplin keinen Gedanken verschwendet hatte. Doch das hat sich geändert – auch dank Obergföll. Und dank seiner Athleten, die derzeit der Konkurrenz Angst und Schrecken einjagen. Thomas Röhler etwa ist Olympiasieger 2016, Johannes Vetter Weltmeister 2017. Sechs Mal hat Röhler den Speer über die magische 90-Meter-Marke geworfen, Vetter genauso oft. Und mit Andreas Hofmann tat es ein weiterer Deutscher den beiden mittlerweile schon zwei Mal gleich.

Vetter und Hofmann werden sich bei der diesjährigen Auflage des Rehlinger Meetings, das ausnahmsweise schon am Pfingstsonntag stattfindet, daranmachen, den Auftrag des Bundestrainers zu erfüllen. Damit das funktioniert, war Vetter vergangene Woche für zwei Stunden im Bungertstadion, testete die Bedingungen und vor allem den zum Teil neu gegossenen Tartan-Anlauf. Im vergangenen Jahr war der Ex-Saar-05-Athlet Vetter ständig mit dem Stemmbein weggerutscht, weil der Tartanbelag im Bungertstadion just an der Abwurfstelle leicht bröselig war – mehr als 79,41 Meter waren nicht drin.

„Wenn mehr Granulat da ist, gerät mehr Luft unter den Schuh“, erklärt Henry die Problematik der alten Anlage. Das sorgt nicht nur für Standprobleme, sondern bringt auch eine große Verletzungsgefahr für die Athleten mit sich – gerade für solche Werfertypen wie Vetter, die sehr stark von ihrem schnellen Anlauf und der starken Abstemm-Bewegung leben. „Wenn ich fünf Zentimeter rutsche, sind das direkt über fünf Prozent Leistungseinbußen“, sagt Vetter, der inzwischen für die LG Offenburg startet.

Das wollen die Veranstalter vom LC Rehlingen um den Vereins-Vorsitzenden Thomas Klein genauso wenig wie Vetter – und erfüllten die Wünsche von Bundestrainer und Athlet. Schon beim ersten Anblick des neuen Belags nickt Obergföll anerkennend. Ein kurzes Niederknien, einmal gefühlt – „so wünscht sich das der Bundestrainer“, sagt Ober­gföll und lacht. Auch Vetter kann es kaum erwarten, die Bahn zu testen, zieht sein Aufwärmprogramm konzentriert durch und schlüpft dann in die Spikes, die mit 12 Millimeter langen Dornen besetzt sind.

Während aus Vetters kleinem tragbaren Lautsprecher die rauen Klänge der kanadischen Rockband „Billy Talent“ ertönen, absolviert der 25-Jährige seine ersten Würfe, erst mit verkürztem Anlauf, später mit dem langen. Regelmäßig fliegen die Speere über die 80-Meter-Marke. Vetter ist trotzdem nicht zufrieden, schimpft mit sich, dem Anlauf, dem Abwurf, dem Bundestrainer. Hier und da fällt auch mal ein derber Kraftausdruck. Aber das Wichtigste: Der neue Boden ist ausgezeichnet und hält. Vetters bester Versuch an diesem Tag landet bei etwa 87 Metern – trotz einer brutalen Krafteinheit im Training am Tag zuvor.

„Es ist gut, dass an der Anlage was erneuert wurde, nachdem mir im letzten Jahr etwas der Halt gefehlt hatte“, sagt Vetter und legt die Messlatte für den kommenden Sonntag hoch: „Ich will in jedem Wettkampf über 90 Meter werfen. Also muss der Stadionrekord geknackt werden. Ich glaube, dass ich das draufhabe. Ich habe zwei Tage vorher noch einen Wettkampf in Sachsen-Anhalt, aber ich werde mir für Rehlingen genügend Kraft aufheben.“

 Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll prüft den neuen Bodenbelag im Rehlinger Bungertstadion und zeigt sich zufrieden.

Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll prüft den neuen Bodenbelag im Rehlinger Bungertstadion und zeigt sich zufrieden.

Foto: Ruppenthal
 Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter schaut seinem Trainer über die Schulter, um seinen Anlauf und seinen Abwurf zu analysieren.

Speerwurf-Weltmeister Johannes Vetter schaut seinem Trainer über die Schulter, um seinen Anlauf und seinen Abwurf zu analysieren.

Foto: Ruppenthal

Aber ob es auch für den Sieg in Rehlingen reichen wird? Angesichts der neuen Qualität im Anlaufbereich und des bereits feststehenden Teilnehmerfeldes ist jetzt schon klar: Der Speerwurf-Wettbewerb im Bungertstadion wird herausragend werden. Neben Vetter hat auch der Mannheimer Hofmann, der Sieger des Vorjahres, seine Zusage gegeben. Außerdem kommt der Tscheche Jakub Vadljech, der 2017 in London mit 89,73 Meterm Vize-Weltmeister hinter Vetter (89,89 Meter) wurde. Vadljech wird übrigens von keinem Geringeren als Jan Zelezny trainiert. Die Speerwurf-Legende aus Tschechien, lange Jahre Dauerkonkurrent von Boris Obergföll zu seiner aktiven Zeit, ist der einzige Athlet, der den Speer noch weiter geworfen hat als Vetter bei seinem deutschen Rekord von 94,44 Metern. Sein Weltrekord steht bei 98,48 Metern – eine Weite, die seit dem Höhenflug der deutschen Asse tatsächlich wieder im Bereich des Machbaren zu liegen scheint.

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