Unterm Strich bleibt der Traumberuf Fußball-Profi

Herr Harttgen, ich will Fußball-Profi werden! Wie stelle ich das an mit 14, 15 Jahren? An der Motivation dürfte es bei den jungen Fußballern nicht liegen.Uwe Harttgen: An Eigenmotivation mangelt es jungen Fußballern sicher nicht

Herr Harttgen, ich will Fußball-Profi werden! Wie stelle ich das an mit 14, 15 Jahren? An der Motivation dürfte es bei den jungen Fußballern nicht liegen.

Was ist typisch für Jugendliche, die den Sprung schaffen?Harttgen: Dass sie sich nie auf dem Erreichten ausgeruht haben. Egal ob man 14, 17 oder 19 Jahre alt ist. Diese Spieler hatten meistens den Anspruch, sich ständig zu verbessern. Der Weg hört nie auf, selbst wenn der Profi-Bereich erreicht ist.

Und was ist typisch für Jugendliche auf dem Weg ins Profi-Geschäft nicht schaffen?

Harttgen: Es gehört sicherlich eine Portion Glück dazu, den Sprung zu schaffen. Bleibt man von Verletzungen verschont? Wie sieht die Situation der Profis aus? Wir legen bei Werder großen Wert auf eine doppelte Ausbildung. Ohne eine angemessene Schullaufbahn wird die sportliche und persönliche Entwicklung behindert.

Unter Jung-Profis gibt es immer mehr Gymnasiasten, wie Ihre Studie belegt. Sind die Profis von morgen intelligenter?Harttgen: Durch unsere wissenschaftliche Untersuchung können wir nachweisen, dass sich das Bildungsniveau jugendlicher Spieler in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat. Der Anteil der Gymnasiasten ist auf über 50 Prozent angewachsen. Wir meinen, dass kognitive Anforderungen im Leistungsfußball deutlich gestiegen sind und somit immer häufiger nur Spieler im Leistungszentrum spielen, die die schulischen und sportlichen Belange verstehen und umsetzen können.

Schule und Leistungssport - wie lässt sich das kombinieren?Harttgen: Sehr gut . Vor einem Jahr wurde unsere Partnerschule, das Schulzentrum Obervieland, vom Deutschen Fußball-Bund zur Eliteschule des Fußballs ernannt. Dadurch ist es möglich, die Talente noch optimaler auszubilden. Stunden- und Trainingspläne werden eng miteinander abgestimmt.

Der Zeitplan in einem Fußball-Internat mit Unterricht, Hausaufgaben, Training, Bettruhe ist straff. Bleiben nicht wichtige Komponenten für Jugendliche auf der Strecke? Jeder zweite Ihrer Befragten empfand so viele Termine als Einschränkung.Harttgen: Der Traum vom Profi ist sicher mit Entbehrungen verbunden, die andere Jugendliche nicht auf sich nehmen müssen. Andererseits sind positive Auswirkungen nicht zu vernachlässigen. Die meisten Spieler bekommen aus ihrem Umfeld positive Rückmeldungen. Und mit der Bewältigung der Aufgaben geht ein gestiegenes Selbstwertgefühl einher.

Was ist mit Hobbys, die einen ablenken vom Thema Fußball?Harttgen: Das Lustige ist, dass viele Jugendliche, die bei uns Fußball spielen, das auch noch in ihrer Freizeit tun. Ich halte Hobbys für einen wichtigen Bestandteil der heutigen Freizeitgesellschaft. Es ist wichtig, sich Ruhezonen zu schaffen, um einmal abschalten zu können.

Fußball als Beruf: Familie, Freunde, Verein - und vor allem der Junge selbst haben große Erwartungen. Er steht quasi immer unter Beobachtung. Wie erdrückend kann das sein?Harttgen: Es gibt verschiedene Drucksituationen, denen Jugendliche ausgesetzt sein können. Wichtig ist es, zu lernen, wie man mit diesen Situationen umgehen kann. Das Ziel der Familie, Freunde und auch des Vereins, also Trainer und Mannschaft, sollte es sein, Talente in der Hinsicht zu stützen, ihnen Ängste zu nehmen und ihnen einen Rückhalt zu bieten.

Welche Rolle spielt das soziale Umfeld, besonders private Kontakte, insbesondere die Eltern?Harttgen: Gerade für die soziale Entwicklung nimmt das private Umfeld einen hohen Stellenwert ein. In der Familie lernen die Spieler auch den Umgang mit anderen Menschen. Die Spieler gaben in unserer Untersuchung an, dass ihre Eltern immer noch die wichtigsten Bezugspersonen sind. Trotzdem haben viele Trainer oft erlebt, dass Familienangehörige nicht immer nur positiv auf ihre Schützlinge einwirken.

Wie viel Rundumbetreuung muss sein? Wie intensiv kann ein Trainer auch Vertrauensmensch für Intimitäten sein?Harttgen: In gewissen Situationen kann der Trainer sicher die Rolle der Vertrauensperson einnehmen. Jeder Spieler sollte immer das Gefühl haben, mit seinen Problemen zu ihm kommen zu können. Andererseits muss ein Trainer auch einen gewissen Abstand wahren und deutlich machen, dass er in erster Linie für den sportlichen Bereich die Verantwortung trägt.

Fußball-Profi - ist der Beruf nun ein Traum oder ein Trauma?Harttgen: Unterm Strich bleibt immer der Traumberuf Fußball-Profi.

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Uwe Harttgen: An Eigenmotivation mangelt es jungen Fußballern sicher nicht. Doch oft wird die zeitliche Spanne zwischen dem Wechsel in jungen Jahren zu einem Bundesliga-Club und dem endgültigen Ziel - der Bundesliga-Mannschaft - von den Talenten unterschätzt. Es ist ein weiter Weg von der Jugend bis in den Profi-Bereich.

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