Ungläubiges Staunen über bisher skandalfreie Tour

Verbier. Die 96. Tour de France rollt skandalfrei durch die Lande und hinterlässt ungläubiges Staunen. Dass nach der zweiten Tour-Woche noch immer kein Dopingfall die Frankreich-Rundfahrt erschüttert hat, lässt die Skeptiker beileibe nicht eine Wende zum Guten vermuten. "Ich habe nicht das Gefühl, dass der Profiradsport sich ernsthaft ändert

Verbier. Die 96. Tour de France rollt skandalfrei durch die Lande und hinterlässt ungläubiges Staunen. Dass nach der zweiten Tour-Woche noch immer kein Dopingfall die Frankreich-Rundfahrt erschüttert hat, lässt die Skeptiker beileibe nicht eine Wende zum Guten vermuten. "Ich habe nicht das Gefühl, dass der Profiradsport sich ernsthaft ändert. Dieser Sport ist in einer Strukturkrise, die noch viele Jahre anhalten wird", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Damit spricht der CDU-Politiker Dauer-Kritikern wie Werner Franke aus der Seele. Für den Heidelberger Molekularbiologen ist das Ausbleiben von Positiv-Fällen nicht Ausdruck eines Mentalitätswandels, sondern einer Vertuschungsaktion. "Es wird darauf geachtet, dass nichts rauskommt. Das wäre schlecht fürs Geschäft", sagte Franke. Die Kooperation des Radsport-Weltverbands UCI und des Tour-Veranstalters ASO, die beide die Tour in den höchsten Tönen loben, sei "alles eine Sauce der Korruptionsharmonie", die Tour "ein Kabarett zur Volksverdummung".Warten auf Enthüllungen Kurz vor der Großen Schleife hatte es noch so ausgesehen, als würde die 96. Tour nahtlos an ihre dopinggeplagten Vorgänger anknüpfen. Das Tour-Zentralorgan "L'Équipe" berichtete, in Bälde sei mit "vier bis sieben" Entlarvungen zu rechnen. Seitdem herrscht Funkstille. Einzig am vergangenen Freitag ging kurz ein Doping-Raunen durch das Pressezentrum in Colmar. Die UCI teilte in einer Erklärung mit, dass zwei Spanier positiv auf das Epo-Präparat Cera getestet worden seien. Die Namen: Inigo Landaluze und Ricardo Serrano, beide nicht bei der Tour dabei. Für Franke kein Wunder: "So große Fehler werden beim Dopen nicht mehr gemacht. Man weiß, was sie einnehmen müssen, damit sie nicht erwischt werden." Diese Form des Generalverdachts, der vor allem den deutschen Tour-Startern zu schaffen macht, bringt Rudolf Scharping in Rage. Es beschleiche ihn das Gefühl, "dass einige regelrecht enttäuscht sind, dass die Kontrollen vor und während der Tour greifen, so dass potenzielle Betrüger abgeschreckt wurden", sagte der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Auch wenn die Jagd nach Betrügern "ein ständiger Wettlauf" bleibe: "Das System greift."Schäuble guckt nicht Dies glaubt Schäuble nicht mehr. Für ihn hat der Profi-Radsport längst "seine Unschuld verloren". Sein Fernseh-Bildschirm bleibt schwarz. "Ich finde es als Sportfan unglaublich, dass ARD und ZDF noch stundenlang übertragen und in der Tagesschau Etappenberichte wie einst gesendet werden", sagte Schäuble.Nach dem gestrigen Ruhetag nimmt Alberto Contador heute die zweite Alpen-Etappe als neuer Regent in Angriff. Dabei müssen sowohl der Große als auch der Kleine Sankt Bernhard an einem Tag überwunden werden. Nach dem Start in Martigny macht die Tour einen Abstecher nach Italien, ehe es in Bourg-Saint-Maurice zum Finale kommt. dpa

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