Und wieder lockt „La Décima“

Madrid · Rafael Nadal galt lange Zeit als Auslaufmodell, doch in dieser Saison läuft es für den Spanier wieder wie geschmiert.

Der Verlierer brachte es emotionslos auf den Punkt. "Manchmal spielst du gegen die Besten der Welt dein bestes Tennis und hast trotzdem keine Chance. Das ist eben so", sagte Dominic Thiem in Madrid, nachdem er zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen in einem Finale gegen Rafael Nadal den Kürzeren gezogen hatte. Gegen einen Rafael Nadal, der bereits die Turniere in Monte Carlo und Barcelona gewonnen und in 15 Sandplatz-Spielen in diesem Jahr gerade mal zwei Sätze abgegeben hat. Getrieben und angelockt von diesem einen großen Ziel: "La Décima", der zehnte Titel bei den French Open.

"Es lief okay für mich", sagte der Spanier nach dem 7:6, 6:4 gegen Thiem. Er sei fit, und gut spielen könne er im Moment auch: "Es passt gerade ganz gut zusammen." Nadal, der am 3. Juni 31 wird, spürt in sich wieder "die Fähigkeit, große Turniere zu spielen und große Titel zu gewinnen".

Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Während Nadal Schmerzen an Körper und Seele plagten, ihn die Zweifel an der eigenen Leistungsfähigkeit zu zerfressen drohten, eroberten andere in Paris den Coupe de Mousquetaires, den Nadal bereits neun Mal gewonnen hat. Erst der Schweizer Stan Wawrinka, dann der Serbe Novak Djokovic, den Nadal nun im Halbfinale von Madrid zum ersten Mal seit drei Jahren wieder geschlagen hat.

Es ist eine erstaunliche Wiedergeburt des lange Zeit dauerverletzten Spaniers, dessen malades Knie und ein lädiertes Handgelenk zwischenzeitlich schon das Ende der Karriere in Sichtweite rückten. Vorausgesagt hatte die Renaissance Nadals größter Rivale Roger Federer. Der Schweizer spendete ihm Trost, nachdem er ihn im Finale von Miami zum dritten Mal in dieser Saison bezwungen hatte. "Die Sandplätze stehen vor der Tür, und ich bin mir sicher, dass du dort alles auseinandernehmen wirst", sagte Federer.

Bisher hat der Maestro Recht behalten. Und es wäre überraschend, wenn Nadal seine Form beim Masters in dieser Woche in Rom und dann auch bei den French Open in Paris (ab 28. Mai) nicht ebenso verlässlich abrufen könnte, wie er es in den vergangenen Wochen getan hat.

Zumal die Konkurrenz schwächelt. Der Brite Andy Murray, Nummer eins der Welt und erst kürzlich genesen von einer Ellbogenverletzung, verlor im Halbfinale von Barcelona gegen Thiem und im Achtelfinale von Madrid gegen den kroatischen Qualifikanten Borna Coric. Djokovic muss sich in den kommenden Wochen gewaltig steigern, will er eine Chance auf die erfolgreiche Titelverteidigung haben. Und Federer? Der dominierende Spieler der Saison hat angekündigt, nicht an den French Open teilzunehmen und sich stattdessen auf die Rasensaison vorzubereiten.

So könnte Thiem, immerhin Halbfinalist des Vorjahres in Roland Garros, zu Nadals größtem Herausforderer werden. Seine jüngsten Niederlagen nahm er gelassen hin. "Es gibt Schlimmeres, als gegen den größten Sandplatzspieler aller Zeiten zu verlieren", sagte er. Zumindest, wenn man dabei sein bestes Tennis spielt.

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