Tränenreicher Einstieg

Saarbrücken · Alles ging ganz schnell: Um 14.45 Uhr erfuhr Dietmar Hirsch in Lübeck, dass er Trainer von Fußball-Drittligist SV Elversberg wird. 50 Minuten später saß er im Zug Richtung Saarland. Hier angekommen, begann ein erfolgreicher Einstieg als Trainer ins Profi-Geschäft.

 Trainer Dietmar Hirsch zeigt es bei seinem Besuch in der Sportredaktion an: Der Weg der SV Elversberg soll nach oben gehen. Foto: Dietze

Trainer Dietmar Hirsch zeigt es bei seinem Besuch in der Sportredaktion an: Der Weg der SV Elversberg soll nach oben gehen. Foto: Dietze

Foto: Dietze

"Wo bist du?" Dietmar Hirsch hat die Worte von Roland Benschneider noch exakt im Ohr. Der Sportdirektor der SV Elversberg rief ihn am 1. September zurück. Benschneider erklärte: "Wir haben uns für dich als Trainer entschieden." Es war sonntags, 14.45 Uhr. "50 Minuten später saß ich im Zug", erzählt Hirsch - und ergänzt: "Ich habe mich riesig gefreut. Aber es flossen auch Tränen in der Familie. Denn damit war klar, dass ich sie verlassen und von Lübeck ins Saarland umziehen muss."

Erst mitten in der Nacht sei er in Saarbrücken am Bahnhof angekommen, weil er einen Zuganschluss verpasst habe. "Am nächsten Mittag wurde ich schon als Trainer vorgestellt." Irgendwann zwischen Benschneiders Anruf und Hirschs Präsentation seien Vertragsdetails wie Laufzeit (bis Saisonende mit Option für den Club) und Gehalt festgelegt worden. "Wenn ich ehrlich bin, war mir beides egal. Ich bin erst seit März Fußball-Lehrer und habe die Chance bekommen, in der 3. Profi-Liga zu starten. Diese Möglichkeit erhalten nur wenige", sagt der 41-Jährige, der von einer mutigen Entscheidung der SVE spricht, einen jungen Trainer wie ihn zu nehmen.

Hirsch hat seine Chance bisher genutzt - vier Siege in fünf Spielen brachten Elversberg aus dem Tabellenkeller ins Mittelfeld. Der Aufsteiger ist die Mannschaft der Stunde. Dabei war Hirschs Weg als Trainer ins Profi-Geschäft steinig. 20 Bewerbungen hat er geschrieben. Von drei Clubs kamen Absagen, vom Rest nichts. "Irgendwann machst du dir Gedanken. Immerhin hast du eine Familie zu ernähren. Für mich war aber klar, dass ich dem Fußball treu bleibe", sagt Hirsch, der ein Studium zum Sportfachwirt und -management abgeschlossen hat, aber lieber Trainer ist, statt im Büro zu sitzen. "Ich brauche den Geruch von frisch gemähtem Rasen oder vom Schweiß in der Kabine", erklärt der ehemalige Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach, der bis zu seinem ersten Aktivenjahr auf Hartplätzen etwa in der achten Liga kickte.

Vor allem mit seinen Ideen überrascht Hirsch nun als Trainer. Salif Cissé und Frederick Kyereh, beide 19, dürfen spielen. Renommierte Kicker wie Nico Zimmermann, 28, und Daniel Jungwirth, 31, sitzen auf der Bank oder Tribüne. "Ich habe eine Idee, wie Spieler in unserem System funktionieren sollen", sagt Hirsch, der ein 4-2-3-1-System bevorzugt: "Jeder Verein kann sich glücklich schätzen, Spieler mit so hohen Qualitäten wie die von Nico und Daniel im Kader zu haben. Aber ich verlange von beiden, dass sie alles dafür tun, um in unser Spielsystem zu passen. Beide haben ihre Bereitschaft dazu signalisiert."

Der SVE-Kader umfasst 28 Feldspieler. "22 reichen aus. Wir werden Ende Oktober einigen sagen, dass sie sich bis zur Winterpause einen neuen Club suchen sollen", erklärt Hirsch. In der Winterpause soll es auch Gespräche über seine Vertragslaufzeit geben. Wie sehen eigentlich seine langfristigen Ziele aus? "Ich will Bundesliga-Trainer werden. Aber zunächst werde ich meinen Platz als Profi-Trainer in Elversberg mit allem, was ich habe, verteidigen."

Die nächste Chance dazu ist am Samstag. Um 14 Uhr steht gegen den MSV Duisburg das erste Drittliga-Heimspiel an der Kaiserlinde an, die umgebaut wird. "Wir freuen uns alle riesig auf die Partie im eigenen Stadion", sagt Hirsch, der sich ab Donnerstag auch über den ersten Besuch seiner Familie im Saarland freuen kann. Dann geht es gemeinsam auf Wohnungssuche. Bisher wohnt er im Hotel. Zwei Wochen bleiben seine Frau und die zwei Töchter, ehe es für sie zurück nach Lübeck geht - und vielleicht wieder ein paar Tränen fließen.

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am randeBeim ersten Drittliga-Heimspiel der SV Elversberg im eigenen Stadion an der Kaiserlinde gilt am Samstag für die neue Vortribüne freie Sitzplatzwahl, da die Blockeinteilung nicht fertig ist. Zuschauer können ab 12 Uhr ins Stadion. Die SVE weist daraufhin, dass der Zugang zur Vortribüne nur noch über den Eingang an der Straße möglich ist. Dort wird es eine Extrakasse geben. Der Zugang zur Gegengeraden mit Vip-Bereich und zu den Stehplätzen für SVE-Fans ist weiterhin über den Fußweg am Kunstrasenplatz möglich. Dauerkarten, die für das Ausweichquartier Saarbrücker Ludwigspark-Stadion galten, behalten nach SVE-Angaben ihre Gültigkeit. Sie müssen nicht umgetauscht werden. Parkmöglichkeiten sind rund um das Elversberger Stadion kaum vorhanden. Deshalb ist ein Fahrservice mit Zubringer-Bussen ("Shuttle"-Verkehr) in Planung. mak

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