Tränen und ein besonderer Gratulant

Seine Pressekonferenz nach dem zweiten WM-Titel musste Michael van Gerwen für ein ganz besonderes Telefonat unterbrechen. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte wollte seinen Landsmann unbedingt noch in der gleichen Nacht erreichen und wählte etwa eine Stunde nach dessen gewonnenem Darts-Finale van Gerwens Nummer. Nach einem netten einminütigen Plausch auf Niederländisch verschreckte "Mighty Mike" die Konkurrenz mit seiner Ankündigung: "Trophäen gewinnen ist etwas, was ich liebe. Das möchte ich für den Rest meines Lebens machen."

Der 7:3-Finalsieg gegen den schottischen Titelverteidiger Gary Anderson bescherte van Gerwen nicht nur 410 000 Euro Preisgeld und die 20 Kilogramm schwere Sid-Waddell-Trophäe, sondern war auch die Krönung einer unglaublichen Saison. "Ich bin total glücklich, das ist einfach wunderbar. Es bedeutet mir so viel, das hier hinzubekommen zu haben", sagte der 27-Jährige.

Während die Fans noch einmal sangen und jubelten und die Veranstalter ein letztes Mal Konfetti in die Luft schossen, musste der Mann mit der Glatze die Tränen aus dem Gesicht wischen und küsste innig seine Frau Daphne. "Ich habe das richtige Umfeld und eine wunderbare Familie. Sonst wäre das alles gar nicht so möglich gewesen", betonte der Weltranglisten-Erste, der bei der WM seinen 26. Titel in der zu Ende gegangenen Saison holte.

Nachdem van Gerwen in den vergangenen beiden Jahren als Topfavorit gescheitert war, war diese Trophäe umso wichtiger und ihr Gewinn emotionaler für ihn. "Du brauchst den zweiten Titel, damit du zu den ganz Großen gehörst. Ich habe sehr hart dafür gearbeitet", betonte er. "Mighty Mike" bestätigte, was Experten vor der WM prognostiziert hatten: Gegen einen van Gerwen in Bestform ist im Darts-Sport nichts zu holen. Obwohl "The Flying Scotsman" Anderson 22 perfekte Aufnahmen von 180 Punkten spielte und damit einen Rekord aufstellte, war er beim 3:7 chancenlos. Auch die gemeinsam geworfenen 42 perfekten Aufnahmen der beiden besten Darts-Profis waren ein WM-Rekord.

"Der Kerl ist einfach zu gut. Er hat in diesem Jahr nicht ohne Grund alles gewonnen", musste der 46 Jahre alte Anderson neidlos anerkennen. Van Gerwen, selbst kein Meister von Bescheidenheit, beschrieb seine Leistung so: "Ich habe absolut phänomenal gespielt, das ganze Turnier, vor allem im Halbfinale und Finale." Selbst der Sohn von Gary Anderson ist ein van-Gerwen-Fan, wie der Schotte einräumte.

Nachdem ein Flitzer die WM-Trophäe kurz vor dem Ende entführen wollte, konnte es van Gerwen am Montagabend nicht erwarten, diese nach 2014 wieder in die Höhe zu recken. "Ich bin unglaublich froh, das Richtige zur richtigen Zeit gemacht zu haben. Diesen Pokal zu haben, macht mich unglaublich stolz", sagte van Gerwen, der stets mit seinem markanten grell-grünen Hemd spielt. Wie stolz er war, zeigte er, indem er dem Veranstalter die Trophäe beinahe entriss und mehrere Male damit ins Publikum jubelte. Ganz nach seinem Naturell schickte er eine Drohung an seine Rivalen hinterher. "Warum kann ich es nicht für vier, fünf oder sechs Jahre bei der Weltmeisterschaft schaffen? Ich muss nur an mich glauben." Das scheint ihm derzeit nicht schwer zu fallen.

Zum Thema:

Hintergrund Das Finale der Darts-WM zwischen Sieger Michael van Gerwen (Niederlande) und Gary Anderson (Schottland) hat Sport 1 den besten Quotenwert seit der ersten TV-Übertragung vor 13 Jahren beschert. Im Schnitt verfolgten am späten Montagabend 1,48 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 4,8 Prozent) die Live-Übertragung. In der Spitze schalteten 1,95 Millionen ein. Der TV-Sender verzeichnete im Laufe der knapp dreiwöchigen WM einen Zuschauerschnitt von 480 000 - auch das ist ein Bestwert. "Anfangs belächelt, fasziniert Darts inzwischen eine große und weiter wachsende Fangemeinde", sagte Olaf Schröder, Vorsitzender der Geschäftsführung der Sport 1 GmbH: "Diese Darts-WM ist für Sport 1 das nächste Kapitel der Erfolgsstory." Am 2. Februar startet nun die Premier League . Auch hier überträgt Sport 1 live aus Newcastle. sid

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort