Tote Hose bei einer Europameisterschaft

Schwechat · Gute Leistungen, tolle Resultate, aber kaum Zuschauer. Bei der Tischtennis-EM in Schwechat in Österreich bleiben die Sportler unter sich. Nicht nur die Absagen von Timo Boll und Werner Schlager lähmen das Interesse.

Die Wiener muss man angeblich nicht in Stimmung bringen. Bei der Tischtennis-EM ist das Gegenteil der Fall. Im Wiener Vorort Schwechat bleiben Aktive, Trainer, Schiedsrichter und Funktionäre bei der Europameisterschaft unter sich. An den meisten Tagen verlieren sich kaum mehr als 200 Zuschauer in der Halle. Das desaströse Interesse im Land des 2003-Weltmeisters Werner Schlager hat auch die Ausrichter des Österreichischen Tischtennis-Verbandes (ÖTTV) überrascht.

"Zu den Team-Endspielen am Montag waren die Hälfte der verkauften Dauerkarten-Inhaber gar nicht in der Halle", erklärte ÖTTV-Vize und Turnierdirektor Rudolf Sporrer. Die tote Hose auf den Rängen lässt Schlimmes befürchten. Finanziell signalisierte Sporrer Entwarnung: "Wir haben einen Etat von 1,5 Millionen Euro. Die Zuschauereinnahmen spielen eine geringe Rolle. Es besteht keine Bankrott-Gefahr."

Die Bedingungen für die Sportler sind dagegen sehr ordentlich. Die Haupthalle mit vier Tischen bietet den idealen Rahmen für eine Centre-Court-Atmosphäre, wenn sie denn mit ihren 2400 Plätzen wenigstens mal zu 80 Prozent ausgelastet wäre. Doch selbst die historischen EM-Siege der beiden deutschen Teams wollten, wohlwollend geschätzt, 400 Zuschauer verfolgen, darunter viele Aktive und Betreuer.

Die Absagen der Top-Spieler Timo Boll und Werner Schlager, die geringe Plakatierung der EM in Wien und der umstrittene Zeitplan schlagen negativ zu Buche. Von Dienstag bis heute sind nur Qualifikationsrunden angesetzt, erst dann wird es im Einzel wieder ernst. "Drei Tage Pause gab es noch nie. Am Freitag beginnt ein ganz neues Turnier", kritisierte Bundestrainer Jörg Roßkopf. Das deutsche Team hatte überlegt, ins Tischzentrum-Zentrum nach Düsseldorf zu reisen, verwarf dann aber den Plan.

Die Europäischen Tischtennis-Union (ETTU) kann oder will die hausgemachten Probleme nicht erkennen. "Das Wetter ist sehr schön", sagte Verbands-Präsident Ronald Kramer zu der Zuschauermisere. Bei der WM 2011 in Rotterdam sei die Halle auch erst an den letzten drei Tagen voll gewesen. In Österreich sollen nun die einheimischen Top-Spieler Robert Gardos und Liu Jia die Wiener in Stimmung bringen. "Wenn wir am Sonntag noch einen dabei haben, wird es richtig voll", kündigte Turnierdirektor Sporrer an. Und wenn nicht, ist die Halle halt eben leer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort