Tolle Offensive, alte Sorgen, neuer Vertrag

Stockholm · Es fielen wieder acht Tore, aber diesmal ging alles gut aus. Nach dem 5:3 in Schweden bleiben alte Sorgen, aber die Offensivkraft und Moral machen Mut. Die Vertragsverlängerung von Bundestrainer Joachim Löw bis 2016 steht unmittelbar bevor.

Die letzten Zweifel über seinen neuen Vertrag wird Joachim Löw in den nächsten Tagen beseitigen, sein Team sorgte in Schweden dagegen für mehr Fragen als Antworten. Die größte Aufholjagd seit dem "Wunder von Bern" und ein erneuter Offensiv-Orkan sorgten beim 5:3 (1:2) in Stockholm für ein Happy End. Doch die bösen Geister von Berlin (4:4 im Hinspiel) hatten schon angeklopft. Die Defensiv-Sorgen schleppt der Bundestrainer nahezu ungelöst mit ins WM-Jahr.

Zumindest in den ersten Tagen nach Abschluss der erfolgreichen und mit 36 Treffer torreichsten deutschen Qualifikation aller Zeiten stehen für Löw aber nicht das Kollektiv, sondern er selbst im Mittelpunkt. Dass er spätestens bis zum Beginn des DFB-Bundestags am 24. Oktober seinen Vertrag bis 2016 verlängert haben wird, pfeifen die Spatzen schon seit Monaten von den Dächern.

Löw betont auch unermüdlich, dass "der Vertragsverlängerung nichts im Wege steht". Doch nicht nur DFB-Präsident Wolfgang Niersbach blickt gespannt auf das, was der 53-Jährige noch fordern wird. "Aus meiner Sicht gibt es schon noch das ein oder andere, was geklärt werden muss", sagt Löw. Es habe bisher immerhin "nur ein Grundsatzgespräch" gegeben.

Grundsatzgespräche über die Defensivarbeit seiner Mannschaft hat Löw in den vergangenen Monaten unzählige geführt. Geholfen haben sie wenig. Denn die zwischenzeitlichen drei Zu-Null-Spiele in Folge sind nun umrahmt von vier Partien mit insgesamt zwölf Gegentoren. "Dass wir uns defensiv mit Blick auf die WM unbedingt verbessern wollen, ist klar", versichert der Bundestrainer: "Das ist nicht erst seit diesem Spiel so."

Zuletzt hatte Löw stets darauf verwiesen, dass es diese Probleme nur in Test-Länderspielen gegeben hätte. Angesichts der bereits zuvor sicheren WM-Qualifikation befand sich sein Team in Stockholm vielleicht insgeheim im Testspiel-Modus.

Ob es Zufall war, dass die Serie ohne Gegentor ausgerechnet bei der Rückkehr von Mats Hummels riss, bleibt abzuwarten. Dass die Mannschaft erstmals seit dem legendären WM-Finale 1954 (3:2) gegen Ungarn nach einem 0:2-Rückstand wieder in regulärer Spielzeit gewann, versöhnte freilich für das insgesamt "nicht schöne Ergebnis" (Bastian Schweinsteiger nach seinem 100. Länderspiel).

Immerhin hatte die Mannschaft den Willen - und auch die offensive Qualität. So von André Schürrle, der nach seinem ersten Dreierpack (57., 66., 76.) den Spielball als Andenken für seine Mutter entführte und an dem laut Löw "in dieser Verfassung für die WM kein Weg vorbeiführt". Auch von Mario Götze, der nach zwei Verletzungen im letzten halben Jahr Sonderschichten geschoben hatte und mit einem Tor (53.), einer Vorlage und Spielwitz erfreute. Und mit Abstrichen bei Mesut Özil, der sich an seinem 25. Geburtstag auf wesentliche Szenen wie das 1:2 (45.) und die Vorlage zum 2:2 begnügte. Und Max Kruse, der als Sturmspitze ohne Tor blieb, aber insgesamt gefiel. Europa: Belgien, Italien, Deutschland, die Niederlande und die Schweiz waren bereits für die WM qualifiziert, am Dienstagabend haben auch Russland, Bosnien, England und Spanien als Gruppensieger das Ticket für Brasilien gelöst. Titelverteidiger Spanien begnügte sich mit einem 2:0 gegen Georgien und blieb in der Qualifikation ungeschlagen. Glanzlos erreichte Russland die WM-Endrunde - mit einem 1:1 in Aserbaidschan. Große Erleichterung herrscht auf der Insel: England behauptete durch ein 2:0 gegen Polen den ersten Rang. Wayne Rooney erlöste die Three Lions mit seinem Kopfballtor in der 41. Minute. Die letzten Zweifel beseitigte Steven Gerrard (88.). Riesengroß ist der Jubel auch in Bosnien. Das Team um Bundesliga-Profi Vedad Ibisevic (VfB Stuttgart) ist erstmals bei einer WM dabei.

Neun der 13 Startplätze sind somit vergeben. Frankreich, Portugal, Schweden, Rumänien, Island, Ukraine, Griechenland und Kroatien spielen in den Playoffs am 15. und 19. November in Hin- und Rückspiel die vier letzten europäischen Teilnehmer aus. Dänemark verpasste als schlechtestes zweitplatziertes Team die Ausscheidungsspiele, die am Montag um 14 Uhr ausgelost werden.

Afrika: Noch stehen die fünf afrikanischen Teilnehmer nicht fest, aber es laufen bereits die Playoffs. Nach den Hinspielen hat Ghana das Ticket fast sicher. Auch ohne den verletzten Schalker Bundesliga-Star Kevin Prince Boateng besiegten die Black Stars im Hinspiel Ägypten mit 6:1. Auch die Elfenbeinküste (3:1 gegen Senegal) und Nigeria (2:1 in Äthiopien) haben gute Chancen. Offen ist das Duell zwischen Burkina Faso und Algerien (3:2) sowie Tunesien und Kamerun (0:0). Die Rückspiele finden von 16. bis 19. November statt, die Gesamtsieger sind am Zuckerhut dabei.

Südamerika: Neben dem gesetzten Gastgeber Brasilien laufen Argentinien, Kolumbien, Chile und Ecuador 2014 bei der WM auf. Chile bezwang Ecuador mit 2:1. Damit robbte sich "La Roja" in der Quali-Tabelle auf Platz drei vor. Ecuador blieb bei 25 Punkten. Die hat auch Uruguay nach seinem 3:2-Sieg gegen Argentinien, aber letztlich zählte das bessere Torverhältnis der Ecuadorianer. Dabei hätten Chile und Ecuador ein Unentschieden gereicht. Aber von einem "Waffenstillstand" war von Beginn an nichts zu spüren. Für Uruguay war der Ausgang zwar enttäuschend, aber wohl auch erwartet worden. "Gut aufgestellt für Jordanien", titelte die uruguayische Zeitung "El Observador" nach dem Abpfiff, denn Uruguay muss nun in der Interkontinental-Relegation im November gegen den Asien-5. Jordanien antreten.

Nord-/Mittelamerika/Karibik: Honduras hat als drittes Team der Concacaf-Qualifikation nach den USA und Costa Rica den Sprung zur WM geschafft. Die Elf des Karibikstaats holte sich beim Schlusslicht Jamaika den entscheidenden Punkt (2:2) und nimmt zum dritten Mal nach 1982 und 2010 an einer WM-Endrunde teil. Mexiko, das 1:2 bei Costa Rica unterlag, bleibt der Gang in die Playoffs - aber nur weil der frühere Bundestrainer Jürgen Klinsmann mit den USA 3:2 in Panama gewann. "Danke, USA!", titelte die Zeitung "Excelsior". Im November kann das Team in der Relegation gegen Ozeanien-Sieger Neuseeland noch ein Ticket lösen.

Asien: Die vier Asien-Vertreter Australien, Iran, Japan und Südkorea standen bereits vorher als WM-Teilnehmer fest. Der Asien-5. Jordanien spielt in den Playoffs gegen den Südamerika-5. Uruguay.

Ozeanien: Ozeanien-Sieger Neuseeland muss in die Ausscheidungsspielen gegen Mexiko ran.

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