Handball-WM Suton könnte zum Superjoker werden

Köln · Der ehemalige Saarlouiser erzielt im ersten WM-Spiel direkt vier Tore – und erhält Lob von allen Seiten.

 Tim Suton fügte sich gegen Spanien hervorragend in die deutsche Nationalmannschaft ein.

Tim Suton fügte sich gegen Spanien hervorragend in die deutsche Nationalmannschaft ein.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Tim Suton war der Letzte. Die Uhr ging stramm auf Mitternacht zu, seine Mitspieler standen längst unter der Dusche, da gab der Team-Youngster in der Kölnarena noch immer fleißig Interviews. Vom heimischen Sofa ins WM-Halbfinale: Suton, das deutete der frühere Saarlouiser mit seinem frechen Auftritt gegen Europameister Spanien an, könnte am Final-Wochenende zum deutschen Superjoker werden.

„In der Mannschaft ist so eine super Stimmung, da würde es jedem leicht fallen, sich einzufügen“, sagte Suton, wohlwissend, dass er ausgerechnet auf der großen Bühne Heim-WM gerade sein bislang bestes Länderspiel abgeliefert hatte. Seine unerschrockene und schwungvolle Darbietung und die vier Tore aus dem Rückraum gefielen nicht nur dem Bundestrainer.

„Da muss man natürlich den Hut vor ziehen“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer: „Ich finde es schön, dass es sich so ein bisschen einbürgert, dass die Jungs von der Couch zur Mannschaft stoßen und dann eine super Leistung abliefern.“ Sutons Turnier-Premiere erinnerte tatsächlich ein wenig an Kai Häfner, der beim sensationellen Triumph vor drei Jahren in Polen als nachgerückter Spieler zum EM-Helden wurde. Schnell machte der Begriff des WM-Märchens die Runde – doch das wollte Suton so nicht stehen lassen. „Als Märchen würde ich es nicht bezeichnen, die Umstände waren nicht so, dass ich überglücklich war“, sagte der 22-Jährige, der erst am Dienstag aufgrund der schweren Verletzung von Martin Strobel (Kreuzbandriss) zum Team gestoßen war: „Trotzdem habe ich mich unglaublich auf dieses Spiel gefreut. Dass es jetzt auch noch einigermaßen gut geklappt hat, das war ein super Gefühl.“

Suton, 2012 bis 2014 bei der HG Saarlouis unter Vertrag, ist ein weiterer Beleg für die unglaubliche Ausgeglichenheit des Kaders von Bundestrainer Prokop. Dass die Spielanteile beim Hauptrundenabschluss gegen Spanien (31:30) auf noch mehr Schultern verteilt wurden als ohnehin schon, tat der Leistung keinen Abbruch. Im Gegenteil. Wenn wir das Halbfinale gewinnen wollen, brauchen wir alle Spieler am Optimum“, sagte Prokop.

Das weiß auch Suton. Das nötige Selbstvertrauen für die heiße WM-Schlussphase bringt der kräftige Rückraumspieler mit kroatischen Wurzeln (Vater Goran, der die HG Saarlouis von 2012 bis 2015 trainierte, starb im November 2016) jedenfalls mit. Wenn es beim TBV Lemgo brenzlig wird, schnappt er sich den Ball. Das war schon immer so. Schon vor fünf Jahren, damals war er 17, sorgte er mit der forschen Aussage im Handballmagazin für Schlagzeilen, er wolle „jüngster Welthandballer aller Zeiten werden“.

Ganz so weit ist Suton sicherlich noch nicht. Doch im Halbfinale am heutigen Freitag (20.30 Uhr/ARD) in Hamburg gegen Vize-Weltmeister Norwegen, es wird sein zehntes A-Länderspiel sein, könnte der langjährige Junioren-Nationalspieler wieder für den ein oder anderen Überraschungsmoment sorgen. „Es wird schwer“, sagt Suton und schiebt einen für ihn typischen Satz gleich hinterher: „Aber ich glaube, wir haben gute Chancen.“

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