Tesfaye sorgt für einen „Knaller“

Oslo · Nur 64 Hundertstel-Sekunden fehlten Homiyu Tesfaye in Oslo zum deutschen Uralt-Rekord über die Meile. „Absolute Weltklasse“, sagt sein Trainer zum U23-Europarekord des gebürtigen Äthiopiers.

Wenn Homiyu Tesfaye seine Runden rennt, wackeln die Rekorde. Der stimmungsvolle Sommerabend im Osloer Bislett-Stadion muss ihn zusätzlich beflügelt haben: Als der 20-Jährige nach der "Traummeile" als bester Europäer ins Ziel gestürmt war, gab es auch für den Drittplatzierten aus Deutschland riesigen Beifall. Dabei dürften es nur die eingefleischten Leichtathletik-Fans mitbekommen haben: Zwölf Tage vor seinem 21. Geburtstag schnappte sich der gebürtige Äthiopier den U23-Europarekord in 3:49,86 Minuten. 64 Hundertstel trennten ihn vom fast 26 Jahre alten deutschen Meilen-Rekord des Potsdamers Jens-Peter Herold.

"Das ist eine Superzeit, ein Knaller. Damit ist Homiyu in der absoluten Weltklasse drin", meinte sein Heimtrainer Wolfgang Heinig von der LG Eintracht Frankfurt gestern. Da war sein Schützling gerade auf dem Rückflug in die Heimat. Im Flieger kann er sich zufrieden zurücklehnen: Eine Top-Zeit, die für die Leichtathletik EM im Sommer Mut macht.

Nicht erst seit heute ist der WM-Fünfte über 1500 Meter der Mann der Zukunft auf der Mittelstrecke. In Doha (3:33,33 Minuten) und vor einer Woche in Rom (3:31,98) kam Tesfaye dem deutschen 1500-Meter-Rekord nahe. Nur vier Zehntel fehlten ihm im Stadio Olimpico zur 34 Jahre alten Bestzeit von Thomas Wessinghage.

"Homiyu weiß schon, wo die Rekorde stehen", sagt Trainer Heinig, "aber auch in Oslo ging es uns nicht um Zeiten oder Rekorde. Wir wollten taktisch laufen, zurückhaltend angehen, mit einem starken Endspurt. Das hat geklappt, ich bin sehr zufrieden." Das nächste Ziel für das Duo ist die Team-EM am übernächsten Wochenende in Braunschweig. "Homiyu hat alle Voraussetzungen, aber auch er muss sich immer wieder neu motivieren", betont sein Trainer: "Wenn man nicht hungrig ist, schmeckt das Essen nicht."

Die Arbeit mit seinem Musterschüler macht Heinig viel Spaß, Ärger hat er trotzdem. 30 deutsche Athleten haben heftige Vorwürfe gegen den Bundestrainer Laufen/Gehen erhoben, moniert werden "gravierende Interessenskonflikte" und ein unangemessener Umgangston. Absetzung erwünscht. Dazu wollte Heinig gestern nichts sagen, weil zunächst ein Gespräch zwischen den Kaderathleten und der Verbandsspitze vereinbart war.

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