"Tennis ist nicht in der Krise"Tennis-Revolution in der Saarlandhalle

Herr Dr. Meier, wohin geht der Weg des Tennissports?Dr. Joachim Meier: Wenn immer noch weit über 20 000 Menschen im Saarland diesen Sport intensiv betreiben, kann ich nicht sagen, dass Tennis in einer Krise sei. Aber: Kinder wie Eltern stehen unter der Woche mehr unter Druck, das ist seit G8 klar feststellbar

Herr Dr. Meier, wohin geht der Weg des Tennissports?Dr. Joachim Meier: Wenn immer noch weit über 20 000 Menschen im Saarland diesen Sport intensiv betreiben, kann ich nicht sagen, dass Tennis in einer Krise sei. Aber: Kinder wie Eltern stehen unter der Woche mehr unter Druck, das ist seit G8 klar feststellbar. Da ist es kein Wunder, dass dann viele nicht noch ihre Wochenenden auf dem Tennisplatz verbringen. Aber Tennis ist ein Wettkampfsport und bezieht seine Faszination vor allem aus dem Kampf gegen den Gegner und gegen sich selbst. Das bringt vor allem Jugendlichen etwas.

Wie beurteilen Sie die Mitgliederentwicklung?

Meier: Wenn man ehrlich ist, war klar, dass die Zahl von über 40 000 Aktiven nicht zu halten war. Die entstand zu einer Boomzeit, als Tennis richtig in Mode war. Mit der heutigen Zahl haben wir eine gute Basis, auf der wir aufbauen können.

Wo sehen Sie das Hauptproblem im saarländischen Tennis?

Meier: Ganz klar in der Infrastruktur. Die Vereine haben ein Anlagevermögen von rund 50 Millionen Euro, das sind vor allem die etwa 800 Freiplätze und 190 Clubhäuser. Das bedeutet einen Investitionsbedarf von rund 2,5 Millionen Euro im Schnitt pro Jahr. Das können die Vereine alleine nicht stemmen. Unsere Aufgabe als Verband ist es, das bei den Gesprächen mit der Politik und dem Landessportverband anzusprechen. Man kann den Tennisspielern auf Dauer keine Duschen Marke Eigenbau, schlechte Plätze oder umgefallene Zäune bieten.

Wo sollen Gelder für die Verbesserung der Infrastruktur herkommen?

Meier: Wir hoffen auf das Land, auch wenn wir dort die angespannte Finanzlage kennen. Aber wenn ich von den Vereinen vernünftige Jugendarbeit - und damit auch Sozialarbeit - erwarte, dann muss ich auch bereit sein, dieses Engagement zu unterstützen. Wir müssen sehen, wo wir bleiben. Außerdem kann es - unabhängig vom Tennis - nicht sein, dass ich als Ehrenamtler für leichte Fahrlässigkeit hafte. Wenn alle Ehrenamtler wüssten, wofür sie den Kopf hinhalten müssten, gäbe es kaum noch welche.

Wie kamen Sie zu Ihrem neuen Amt? Schließlich waren Sie 14 Jahre lang hinter Paul Hans Stellvertreter. War es klar, dass der Stab an Sie übergeben wird?

Paul Hans: Wir haben uns im Vorfeld darüber ausgetauscht, weil klar war, dass ich nicht Hauptgeschäftsführer des Landessportverbandes und Spartenpräsident zugleich sein konnte. Für mich war Joachim erster Ansprechpartner. Ich glaube, es fiel ihm leichter, als das Präsidium ihn uneingeschränkt unterstützte.

Meier: Man sollte die Funktion des Präsidenten auch nicht überbewerten. Es ist das Team, das funktionieren muss. Ich bin einer von vielen und brauche die Bühne nicht, um mich zu verwirklichen.

Für was stehen Sie in Ihrer Amtszeit?

Meier: Zunächst einmal für Kontinuität. Wir werden weiter das Marketing ausbauen und im Bereich "Neue Medien" aktiver werden. Eine Internetseite, die im Jahr etwa acht Millionen Klicks hat, ist für Werbepartner zunehmend interessant. Schön wäre auch, wenn wir es schaffen, den Spaßfaktor im Tennis wieder mehr herauszustellen. Ansonsten bin ich ein Teamplayer. Es geht nicht um Personen, sondern um die Sache. Auch wenn man mal unangenehme Dinge ansprechen muss.

Was meinen Sie damit?

Meier: Neben den finanziellen Forderungen an das Land wird auch die Feststellung, dass manche Vereine nur mit Kooperationen am Leben zu halten sind, nicht nur Freude bereiten. Wir müssen uns als Verband auch die Frage stellen, ob wir Vereine finanziell unterstützen, die keine Perspektive mehr haben. Die satte Zeit ist vorbei.

Gibt es noch immer die Tendenz, dass kleinere Vereine ihre Kosten nicht mehr tragen können?

Meier: Leider ja. Wir werden da auf Dauer nicht auf Kooperationen verzichten können. Heute zu denken, dass man alles alleine machen kann, ist oft eine Sackgasse. Ich habe Verständnis für die eigene Identität jedes Vereins und dass es schwer ist, diese womöglich aufzugeben. Aber in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen ist eine gewisse Konzentration nicht zu vermeiden. Da müssen auch Berührungsängste abgebaut werden. Es wäre nicht schön, wenn die Not die Vereine irgendwann dazu zwingen würde.

Was möchten Sie noch anpacken?

Meier: Wir diskutieren unter anderem die Kooperation von Sportarten und die Frage, ob im Seniorenbereich gemischte Mannschaften vielleicht Sinn machen. Da kann man von anderen Verbänden lernen. Grundsätzlich gilt: Wir müssen das, was wir haben, so gut es geht verkaufen. Man muss nicht jedem Zeitgeist nachrennen und alles über den Haufen werfen. Das heißt: Meiner Meinung nach bringen Regeländerungen, die beispielsweise das Spiel schneller machen, nichts. Denn dann ginge der eigentliche Reiz des Tennis verloren. Und wir wollen es auf keinen Fall seiner Stärken berauben.

Saarbrücken. Wenn Paul Hans heute danach gefragt wird, warum er damals gegen Helmut Steigleiter angetreten ist, hat er noch immer ein klares Bild vor Augen. "Der Verband muss für die Vereine da sein und nicht umgekehrt", sagte der damals 44-Jährige. Damals, das war der 12. März 1997. Steigleiter war 28 Jahre lang Präsident und kandidierte für eine weitere Amtszeit. Doch der Unmut der Vereine war angewachsen, und mit Hans stand jemand in aussichtsreicher Position, um einen Wechsel herbeizuführen.

Über fünf Jahre lang war der Sulzbacher Sportwart, hatte in dieser Zeit den Auftrag der Mitgliederversammlung umgesetzt, eine Rangliste zu erstellen. Dieter Dier und er wandelten das französische Leistungsklassen-System etwas ab und führten es als erster Landesverband in Deutschland ein - bis heute mit großem Erfolg.

Das Verhältnis zu Steigleiter blieb etwa zwei Jahre normal, dann häuften sich die Diskussionen. "Ich sah immer den Sport im Vordergrund, war immer nah dran an den Vereinen. Steigleiter dagegen, so hatte ich den Eindruck, schwebte in höheren Sphären, legte mehr Wert auf Veranstaltungen", erklärt Hans: "Irgendwann war dann klar: Entweder ich höre auf oder ich gehe selbst nach vorne."

Er tat Letzteres, wovon Steigleiter überrascht wurde. "Er hatte sich bereits jemanden ins Präsidium geholt, den er als Nachfolger aufbauen wollte", erinnert sich Hans. Der Sportwart suchte sich indes eine Mannschaft, mit der er antreten konnte und gewann unter anderem Joachim Meier und Dieter Dier für sich.

In besagter Mitgliederversammlung in der Saarlandhalle warb Steigleiter noch einmal für sich, versprach, bald zurückzutreten, wenn er noch einmal im Amt bestätigt würde. Doch die Vereine hatten genug. Mit über 82 Prozent der Stimmen setzte sich Hans gegen seinen Kontrahenten durch - deutlicher, als er sich zu träumen gewagt hätte: "Ich hatte im Vorfeld viel Unterstützung erhalten, die Vereine rieten mir dazu, gegen Steigleiter anzutreten. Aber ich war bis zum Schluss nicht sicher, ob ich durchkommen würde." Steigleiter reagierte betroffen. Hans: "Es herrschte Funkstille. Aber er hat es akzeptiert und sich danach nie negativ geäußert." spr

Zur Person

Dr. Joachim Meier, Jahrgang 1953, begann schon in seiner Studentenzeit mit dem Tennis, hatte sich aber zunächst auch dem Fußball verschrieben. Seit 18 Jahren ist er Vorsitzender des Tennisclubs St. Wendel. 1997 gehörte er zum Schattenpräsidium von Paul Hans, ehe dieser in einer Kampfabstimmung Helmut Steigleiter an der Spitze des Verbandes ablöste.

 Im April 2002 ernannte Paul Hans (links) seinen Amtsvorgänger Helmut Steigleiter zum Ehrenpräsidenten des STB. Foto: Ruppenthal

Im April 2002 ernannte Paul Hans (links) seinen Amtsvorgänger Helmut Steigleiter zum Ehrenpräsidenten des STB. Foto: Ruppenthal

Meier arbeitet als Geschäftsführer bei der Wasser- und Energieversorgung St. Wendel (WVW). Der 58-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. spr

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