Tennis Hitzeschlacht verloren, Hoffnung gewonnen

Indian Wells · Tennisprofi Angelique Kerber verliert das Finale von Indian Wells, darf aber trotzdem zufrieden sein.

(sid) Als die mehr als zweistündige Tennis-Schlacht im Glutofen von Indian Wells verloren war, schien der Ärger bei Angelique Kerber plötzlich verraucht. Während sie aus den Händen von Turnierdirektor Tommy Haas die Trophäe für die Zweite entgegennahm, huschte sogar ein Lächeln über das Gesicht der 31-Jährigen. Zwar hatte Kerber das Duell der Generationen gegen Kanadas Supertalent Bianca Andreescu mit 4:6, 6:3, 4:6 verloren. Insgesamt durfte sie mit ihrem Auftritt in der kalifornischen Wüste aber mehr als zufrieden sein.

„Vor zwei Wochen hätte ich nicht erwartet, hier das Finale zu spielen“, sagte Kerber: „Ich hatte zuletzt ein paar Probleme. Das gibt mir viel Selbstvertrauen.“ Obwohl sie ihren ersten Titel seit dem Wimbledonsieg 2018 knapp verpasste, obwohl sie fluchte, zeterte und schimpfte, zeigte sich die Kielerin versöhnlich. Nach holprigem Saisonstart zeigte ihre Formkurve beim hinter den Grand Slams größten Turnier steil nach oben. Die Arbeit mit ihrem neuen Trainer Rainer Schüttler scheint Früchte zu tragen.

Während der 2:18 Stunden des Schlagabtauschs mit Andreescu war Kerber von einer derart nüchternen Einordnung noch weit entfernt gewesen. In der sengenden Mittagshitze hatten beide Spielerinnen emotionale Achterbahnfahrten durchlebt. Die 18-jährige Andreescu etwa verzweifelte zwischenzeitlich an der menschlichen Ballwand Kerber und taumelte letztlich völlig entkräftet über die Ziellinie. Bei Kerber brach nach dem Verlust des ersten Satzes der Frust erstmals heraus. „Ich seh‘ den Ball nicht“, klagte sie, als Schüttler zu einer kurzen Besprechung auf den Platz kam: „Die Sonne blendet, ich kann nichts machen.“ Schüttler reagierte rustikal: „Das ist doch scheißegal jetzt, guck den Ball an, konzentrier‘ dich auf Deine Beine.“ Tatsächlich schaffte es Kerber, ihre Wut auf Sonne, Gegnerin und sich selbst zu kanalisieren und über den Kampf zurück in die Partie zu finden.

Die kleine Episode verriet viel über die Zusammenarbeit zwischen Kerber und dem Ex-Weltklasse-Spieler aus Hessen. Kerber und Schüttler haben zueinander gefunden. „Wir wissen jetzt, was der jeweils andere denkt. Er weiß, wie ich vor, nach und während den Matches drauf bin“, hatte Kerber schon vor dem Endspiel erklärt. „Die letzten Wochen waren wichtig – für beide von uns“, sagte sie. Wie nachhaltig der Aufschwung des deutschen Duos ist, müssen nun die nächsten Wettkämpfe zeigen. In der Weltrangliste kletterte die dreimalige Grand-Slam-Siegerin am gestrigen Montag zumindest wieder auf Rang vier. Wachsen die emotionale Kerber und der rustikale Schüttler weiter zusammen, scheint auch der Weg zurück an die Spitze möglich.

Das Finale der Männer in Indian Wells gewann der Österreicher Dominic Thiem gegen Roger Federer (Schweiz) mit 3:6, 6:3, 7:5.

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