Südafrika hat sich mit der "Fifa-Mafia" abgefunden

Johannesburg. Der "Fußball- Freitag" hat sich verändert: Seit einem halben Jahr dürfen Angestellte freitags in Büros und Hotels Krawatten und Uniformen zu Hause lassen und in Trikots zum Dienst kommen. Zunächst waren vor allem zwei Trikots zu sehen, die der populärsten Clubs des Landes: Orlando Pirates und Kaizer Chiefs

Johannesburg. Der "Fußball- Freitag" hat sich verändert: Seit einem halben Jahr dürfen Angestellte freitags in Büros und Hotels Krawatten und Uniformen zu Hause lassen und in Trikots zum Dienst kommen. Zunächst waren vor allem zwei Trikots zu sehen, die der populärsten Clubs des Landes: Orlando Pirates und Kaizer Chiefs. Doch immer mehr Trikots der "Bafana Bafana", der Nationalelf Südafrikas, werden getragen. Die Kampagne von Behörden und Arbeitgebern hat gefruchtet. WM-Begeisterung macht sich breit. Fußball ist endlich auch da ein Thema, wo Menschen hauptsächlich über Alltagsmühen geredet haben: In den "Shebeens" der Townships - improvisierten Kneipen, oft nicht mehr als ein Wellblechverschlag. Es wird nicht mehr nur gelacht, wenn von der "Bafana Bafana" die Rede ist. Mit den jüngsten Testspiel-Siegen reden die Menschen, die vor ein paar Wochen beim Thema WM abgewunken haben, nun anders beim selbstgebrauten Hirsebier. Der mühsame Alltag in den engen Behausungen bleibt dennoch Thema. "Gegen die Fliegen hier drin, da müsste die Regierung mal etwas unternehmen", sagt ein alter Mann, der mit dem Vertreiben der Insekten nicht nachkommt. Ob das Land, die vielen arbeitslosen oder schlecht verdienenden Menschen, von der WM profitieren können, fragt sich aber keiner mehr. Händler, die Gegrilltes, Getränke oder Nippes verkaufen, wissen längst, dass sie sich Stadien und Fanparks nur nähern dürfen, wenn sie keine Geschäfte dort machen. "Fifa ist Mafia", sagen Gemeindevertreter, die dabei helfen, dem Weltfußballverband den Boden für seine Geschäfte zu breiten. "Die einen nennen ihn Allah, die anderen ,Jahwe', aber der wahre Name Gottes ist Fifa", erklärt Michael Worsnip. Er sitzt in seinem Büro in der Provinz Western Cape und zeigt stolz, was sich seine Prozinzverwaltung ausgedacht hat, um die Fifa auszutricksen. Sie organisiert Aktionen wie Fanpartys vor Großleinwänden. Die werden "Fanjol" heißen - als Jol wird eine Sause bezeichnet. "Fanfest" und "Fanpark" gehören der Fifa. Ein kleines Stück wollen sie herausschneiden aus dem Kuchen. Derweil lässt sich Fifa-Präsident Joseph Blatter feiern. Immer wieder betont er, dass es seine Idee gewesen ist, die WM nach Afrika zu holen. Während in Stadtverwaltungen die Augen verdreht werden, ob der Knebelverträge mit der Fifa, wird Blatter von der Staatsführung hofiert. Präsident Jacob Zuma verlieh ihm den höchsten Orden. An das große Geschäft mit der WM glaubt indes auch Zuma nicht mehr, wenn er sagt: "Die Explosion des Nationalstolzes ist ein preisloser Effekt der WM."

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