Stich verzichtet und bastelt weiter

Berlin · Saarbrücken. Joachim Meier ist seit drei Jahren Präsident des Saarländischen Tennis-Bundes. Der 61-Jährige würde die Wahl des einstigen Weltklassespielers Michael Stich zum DTB-Präsidenten befürworten. SZ-Redaktionsmitglied Michael Aubert hat mit Meier gesprochen.

Michael Stich hat sich nach reiflicher Überlegung entschieden, am Sonntag in Berlin nicht für das Amt des Präsidenten des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) zu kandidieren. Eine künftige Kandidatur schließt der 46-Jährige allerdings nicht aus. "Mein Wunsch, etwas zu verändern und die Zukunft des DTB und des deutschen Tennis mit zu gestalten, ist weiterhin ungebrochen", teilte der Wimbledonsieger von 1991 gestern mit: "Jedoch war es in der Kürze der Zeit nicht möglich, bis zur Wahl ein komplettes Präsidium zusammenzustellen und mit den möglichen Präsidiumsmitgliedern die Sachverhalte und Themen inhaltlich ausreichend zu erörtern."

Damit scheint der Weg an die Spitze des Dachverbandes für Ulrich Klaus frei zu sein. Der 72 Jahre alte pensionierte Gymnasiallehrer, Präsident des Landesverbandes Rheinland-Pfalz, ist der Wunschkandidat des Bundesausschusses, der mit seinen 18 Landesverbänden über Wohl und Wehe im deutschen Tennis bestimmt.

Allerdings hat die Sache noch einen Haken: Klaus plant ein Präsidium unter anderem mit den Verbandspräsidenten Dirk Hordorff (Hessen) und Helmut Schmidbauer (Bayern). Die dürften aber laut Satzung nur ein halbes Jahr sowohl im DTB als auch in ihren Landesverbänden in Doppelfunktion auftreten. Der erste Antrag, den entsprechenden Paragrafen 31 zu ändern, wurde abgelehnt und soll am Samstag in Berlin noch einmal verhandelt werden.

Für den Fall der erneuten Ablehnung hat Klaus im kleinen Kreis angedeutet, dann nicht mehr zur Verfügung zu stehen. "Ich wünsche den Mitgliedern am Sonntag Einigkeit und die richtigen Entscheidungen für die Zukunft des deutschen Tennis", sagte Michael Stich : "Alles Weitere möchte und werde ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter kommentieren."

Er habe, so ließ er gestern wissen, "den Fokus, dass es um die weitere Entwicklung und Zukunftsfähigkeit des deutschen Tennis geht, nicht aus den Augen verloren". Ein "Schnellschuss" sei aber seiner Meinung nach "kein professionelles Vorgehen - schließlich ist das DTB-Präsidium kein Versuchslabor, in dem man einfach einmal irgendetwas ausprobiert, sondern eine sehr verantwortungsvolle Institution".

Dabei ist der erste Entwurf seiner Mannschaft alles andere als ein Fragment. Anke Huber , ehemalige Nummer vier der Welt, für den Leistungssport, Sport-Ökonomin Veronika Fischer im Bereich Sportentwicklung, der frühere Tennisprofi Gerald Marzenell für den Wettkampfsport sowie der Hamburger Rechtsanwalt Lars Kirschner für die Abteilung Recht und Marketing. Die im aktuellen Präsidium für den Jugendsport zuständige Eva-Maria Schneider ist laut Stich "ebenfalls bereit, sich einzubringen".

Für das Ressort Finanzen habe er, so Stich weiter, "bereits Gespräche geführt, kann aber noch keinen konkreten Namen nennen". Von allen fünf genannten habe er ein positives Signal bekommen, "dass sie sich sehr gerne in einem Präsidium zusammen mit mir engagieren würden. Darüber und auf die Basisarbeit in den nächsten Monaten freue ich mich sehr."Herr Meier, Michael Stich wird nun doch nicht zur Wahl des DTB-Präsidenten antreten. Überrascht?

Joachim Meier: Nein. An eine Kampfabstimmung habe ich nicht geglaubt, weil Michael Stich Vorstellungen geäußert hat, die auf die Schnelle gar nicht umzusetzen waren.

Bedauern Sie seinen Verzicht?

Meier: Es ist immer noch unser klarer Wunsch, Michael Stich als Partner im Team DTB zu sehen. Auf seine Kompetenz und Außenwirkung kann man nicht verzichten. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass er eine Position im Bereich Marketing oder Sponsoring einnimmt.

Sie wären also für eine gemeinsame Lösung, auch wenn Stich nicht unter dem designierten Präsidenten Ulrich Klaus arbeiten will?

Meier: Ja, klar. Einerseits Herr Klaus und andererseits der Visionär Stich, das wäre für mich die ideale Symbiose. Klaus als Vertreter der Landesverbände und Stich als Wimbledon-Sieger und Aushängeschild.

Fehlen dem deutschen Tennis Aushängeschilder wie Stich?

Meier: Ich habe mir das Fed-Cup-Finale der Frauen in Prag angesehen. Wenn ich mir die Stimmung dort anschaue, muss ich sagen: nein. Was mir zu denken gibt, sind die Einschaltquoten bei Sat.1. Für mich ein mittelprächtiges Drama. Da fragt man sich natürlich: Was machen wir verkehrt, dass nur 600 000 Leute dieses Topereignis anschauen.

Beim Thema Aushängeschilder kommen wir im Saarland nicht an Benjamin Becker nicht vorbei. Welche Rolle spielt er?

Meier: Position 35 in der Welt ist natürlich top. Schade nur, dass er seinen Lebensmittelpunkt nach Dallas verlegt hat. Ich habe selten jemand erlebt, der so bodenständig und sympathisch ist, das ist wohltuend. Für ihn ist es leichter, die Turniere von Dallas aus anzusteuern als vom Flughafen Saarbrücken. Konkreter ist für uns Kristina Barrois , die jetzt ihr letztes Turnier gespielt hat. Es wäre für uns ein Glücksfall, wenn wir sie irgendwie in den Tennissport im Saarland integrieren könnten, vielleicht auch in die Vorstandsarbeit.

Wie sieht es im saarländischen Tennissport aus? Gibt es Spielerinnen oder Spieler, die in Zukunft in die Rolle eines Aushängeschilds schlüpfen könnten?

Meier: Katharina Hobgarski hat dieses Jahr schon zwei Runden des WTA-Turniers in Luxemburg überstanden und auch im Juniorinnenbereich ein super Jahr gespielt. Sie ist zwar erst 17, müsste aber im nächsten Jahr im Damenbereich auftauchen. Wobei das auch ein sehr dornenreicher Weg ist, bis man sich hochgespielt hat. In der deutschen Tenniszeitung wird sie zu den absoluten Toptalenten in Deutschland gezählt.

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