Star-Karussell über 3642 KilometerKritik am Weltverband wegen Doping-Kontrollen

Rotterdam. Alberto Contador als Topfavorit, Lance Armstrong als möglicher Spielverderber, Alexander Winokurow und Ivan Basso als Rückkehrer aus dem Doping-Abseits: Ab diesem Samstag dreht sich auf 3642 Kilometern an 23 Tagen wieder das Star-Karussell der 97. Tour de France

Rotterdam. Alberto Contador als Topfavorit, Lance Armstrong als möglicher Spielverderber, Alexander Winokurow und Ivan Basso als Rückkehrer aus dem Doping-Abseits: Ab diesem Samstag dreht sich auf 3642 Kilometern an 23 Tagen wieder das Star-Karussell der 97. Tour de France. Auch die deutsche Radsport-Prominenz Tony Martin, Linus Gerdemann, Gerald Ciolek und Jens Voigt will aufspringen und mitmischen auf dem Weg von Rotterdam nach Paris - mit Hoffnungen auf Etappensiege.Nur noch wenige trauen dem fast 39-jährigen Armstrong zu, bei seiner Abschiedstour das Gelbe Trikot zu ergreifen oder es gar zum achten Mal auf den Champs Elysées zu tragen. "Bei ihm weiß man nie, aber das wird er wohl nicht schaffen", meinte Jens Voigt, der seine 13. und wohl letzte Frankreich-Rundfahrt bestreiten wird.Über die Rolle des Spaßverderbers für seinen Intimfeind Contador, besonders in der ersten Tour-Woche mit Kopfsteinpflaster, engen Straßen und hoher Schlechtwetter-Wahrscheinlichkeit, dürfte Seriensieger Armstrong nur schwer hinauswachsen können. Die einhellige Meinung der Experten lautet: Die Pyrenäen in der letzten Tour-Woche werden die Entscheidung bringen. In diesem Terrain dürfte gegen Bergspezialist Contador oder Andy Schleck aus Luxemburg kein Kraut gewachsen sein.Der Einlauf von 2009 - Contador vor Andy Schleck und Armstrong - könnte sich also wiederholen, obwohl auch der frisch gekürte Giro-Gewinner Basso, Geheimtipp Roman Kreuziger oder Weltmeister Cadel Evans hart ums Podium kämpfen werden. Aus deutscher Sicht rückt vor allem Tony Martin, im Vorjahr für zwölf Tage im Weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers und Etappenzweiter auf dem legendären Mont Ventoux, im Fokus. Der 25-Jährige kommt mit besten Empfehlungen. Der frisch gekürte deutsche Zeitfahrmeister schlug den "Überflieger" Fabian Cancellara in vier Wochen in seiner Parade-Disziplin gleich zwei Mal - bei der Kalifornien-Rundfahrt und bei der Tour de Suisse. Kein Wunder, dass Martin schon von Gelb beim 8,9 Kilometer langen Prolog am Samstag in Rotterdam träumt. Ciolek hofft auf einen weniger starken Columbia-Profi Mark Cavendish, der im Vorjahr mit sechs Sprintsiegen unantastbar war. Sein Teamkollege Gerdemann wünscht sich die Zeiten von 2007 zurück. Da gewann er am französischen Nationalfeiertag eine Etappe und schlüpfte ins Gelbe Trikot.Doping und versteckte Motoren - mit jeder neuen Tour beginnt auch von Neuem der Kampf gegen die Betrüger. Tour-Chef Christian Prudhomme hat übrigens mit den Heimkehrern Winokurow und Basso kein Problem: "Sie haben ihre Strafe abgesessen." dpaSaarbrücken. Seit dem Skandal 2006 mit dem Ausschluss von 58 Fahrern stellt sich alljährlich vor dem Start der Tour de France die gleiche Frage: Wie sauber ist die Tour? Bei bisher 13 positiven Dopingtests in diesem Jahr eine berechtigte Frage. Im Vorfeld soll die Meldung, dass sich bei der 97. Auflage ein Dreigestirn um den Kampf gegen Doping kümmere, die Zuschauer beruhigen. Der Radsport-Weltverband UCI soll die Kontrollen leiten, die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) alles überwachen und die Französische Anti-Dopingagentur (AFLD) den beiden mit Tipps zur Seite stehen. "Die Tour ist die bestkontrollierte Sportveranstaltung überhaupt", sagt UCI-Chef Pat McQuaid vollmundig, "mehr als wir kann man nicht machen."Doch der Schein trügt offensichtlich: Der AFLD wurde es nicht erlaubt, während der Tour Dopingkontrollen durchzuführen. Der Präsident der AFLD, Pierre Bordry, bemängelte erst kürzlich in einem Fernsehinterview, dass die UCI stets nach dem gleichen Schema teste und sich die Doper darauf leicht einstellen könnten. "Die Tests sind so organisiert, dass die Sportler sie im Vorfeld kennen", sagt Bordry. Außerdem blockiere die UCI die Zusammenarbeit, indem sie sich weigere, im Vorfeld der Tour de France die Aufenthaltsorte der Fahrer bekannt zu geben. Dabei seien laut Bordry gerade kurz vor der Tour unangekündigte Tests enorm wichtig, um Betrüger zu entlarven.Auf der vorläufigen Startliste der Tour de France stehen mit Ivan Basso und Alexander Winokurow zwei überführte Dopingsünder, die ihre Strafen abgesessen haben. Und um die Tour-Mitfavoriten Alberto Contador und Lance Armstrong ranken sich seit Jahren Doping-Gerüchte: Contador soll unter dem Kürzel "A.C." auf der 2007 veröffentlichten Liste des Doping-Arztes Eufemiano Fuentes stehen. Armstrong wurde erst zuletzt von seinem Ex-Teamkollegen und des Dopings überführten Floyd Landis schwer belastet. sprMeinung

Saubere Tour? Das ist naiv

Von SZ-RedaktionsmitgliedSascha Sprenger Auch wenn der Radsportverband UCI den Anschein erweckt, alles im Kampf gegen Doping zu unternehmen, tut er es nicht. Nur so ist zu erklären, warum keine unabhängigen Dopingkontrolleure während der Tour ihrer Arbeit nachgehen dürfen. Oder wie es zu Kontroll-Skandalen wie 2009 kommen kann, als die damalige Mannschaft von Lance Armstrong die Kontrolleure ungestraft 50 Minuten warten ließ. Sobald bei der Tour de France ein Dopingfall bekannt wird, wird er vom Veranstalter gerne mal als nicht repräsentativer Einzelfall abgestempelt. Die Show muss schließlich weitergehen, der Rubel rollen. Dafür wird eben in einigen Fällen nicht so genau hingeschaut. Es wäre naiv zu glauben, dass die Tour 2010 eine saubere sein wird. Dazu erweckt der Veranstalter nicht den Eindruck, wirklich hart durchgreifen zu wollen. Und so bleibt am Ende nur noch eine Frage: Wie lange lässt sich der Sportfan, der an ehrlich erbrachten Leistungen interessiert ist, noch verschaukeln und sich das Märchen einer dopingfreien Tour de France verkaufen? Oder ist er das etwa schon gar nicht mehr? Auf Einen BlickErstmal seit 2007 beginnt die Tour de France wieder mit einem echten Prolog. Die 8,9 Kilometer lange Strecke in Rotterdam ist flach, kurvenreich und kaum windanfällig - perfektes Terrain also für Spezialisten wie Fabian Cancellara oder Bradley Wiggins. Die Schnellsten werden die Strecke in neun Minuten hinter sich bringen. red