Sotschi sucht den Superstar

Sotschi · Nur noch einmal Edelmetall braucht Ole Einar Björndalen, um zu Björn Dählie auf den olympischen Medaillenthron zu steigen. In Sotschi gibt es neben dem Biathlon-Altmeister mehrere Anwärter auf den Titel des Superstars dieser Winterspiele – auch aus Deutschland.

Ein Superstar hatte seinen ersten großen Auftritt schon vor der Eröffnungsfeier von Sotschi. Stolz präsentierte der russische Eishockey-Nationalheld Alex Owetschkin zu Beginn des Fackellaufs in Olympia mit weißer Bommelmütze die Flamme - und startete damit auch das Rennen um den Titel des prägenden Gesichts beim Ringe-Spektakel an der Schwarzmeerküste. Die Snowboard-Ikone Shaun White, das deutsche Alpin-Ass Maria Höfl-Riesch, der viermalige Skisprung-Olympiasieger Simon Ammann oder doch noch einmal Biathlet Ole Einar Björndalen auf der Jagd nach dem ultimativen Rekord - wer wird der herausragende Olympionike der XXII. Winterspiele?

Sechs Mal Gold, vier Mal Silber und einmal Bronze - angesichts seiner beeindruckenden Sammlung benötigt der norwegische Ausnahme-Biathlet Björndalen nur noch eine Plakette, um bei der Gesamtzahl mit seinem Landsmann Björn Dählie gleichzuziehen. Zwei Olympiasiege fehlen Björndalen zudem noch, damit er die Langlauf-Legende in der ewigen Medaillenrangliste überflügelt. "Es sind schwere Bedingungen dort", sagte der Routinier, der in Sotschi als 40-Jähriger startet, mit Blick auf das "große Saisonziel". Vor den Spielen sammelte er diesen Winter schon drei Podestplätze und einen Staffelsieg, ließ aber auch einige Rennen aus: "Olympia ordne ich alles unter."

Trotz seines Status als Über-Snowboarder bleiben die Winterspiele auch für den zweimaligen Halfpipe-Sieger White etwas ganz Besonderes. Erstmals bei Olympia will der Rotschopf aus den USA auch in der neu eingeführten Disziplin Slopestyle sein Extrakönnen beweisen. "Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass dies nicht die härteste Herausforderung in meinem Leben wäre - beide Disziplinen bei den Olympischen Spielen zu bestreiten", sagte der 27 Jahre alte White.

Skirennläuferin Höfl-Riesch darf mit dem Gefühl einer gelungenen Generalprobe anreisen: Vor zwei Jahren gewann die Partenkirchenerin bereits die Weltcup-Abfahrt von Krasnaja Poljana. "Natürlich wäre es noch mal eine Krönung meiner Karriere, wenn ich in Sotschi erfolgreich sein würde", betonte die 29-Jährige. "Noch einmal eine Medaille gewinnen, das wäre super und vielleicht ein toller Abschluss."

Die zweimalige Siegerin von Vancouver 2010 geht erneut im Slalom sowie in der Super-Kombination als Mitfavoritin an den Start und peilt auch in den Geschwindigkeits-Disziplinen vordere Plätze an. Dauer-Rivalin Lindsey Vonn wird ihr das sportliche Rampenlicht nicht streitig machen. Ein erneuter Kreuzbandriss zwang den US-Star, ihre Teilnahme abzusagen.

Große Ambitionen besitzt das deutsche Team auch bei den Wettkämpfen der Nordischen Kombinierer. Dabei stand Eric Frenzel diesen Winter mehrfach ganz oben auf dem Weltcup-Podest und soll mit den starken Norwegern und Frankreichs Jason Lamy Chappuis mithalten. Frenzel hat auf jeden Fall das Potenzial, der ganz große Star zu werden.

Und Claudia Pechstein? Nachdem sie 2010 noch wegen erhöhter Retikulozyten-Blutwerte durch den Weltverband gesperrt gewesen war, könnte sich die Eisschnellläuferin in Sotschi mit 41 Jahren zur ältesten Winter-Olympiasiegerin der Geschichte krönen. Vancouver-Triumphator Felix Loch will als dritter Rodler nach Georg Hackl und Armin Zöggeler sein zweites Einzel-Gold einfahren. Schon nach seinem fünften Olympia-Titel strebt der Schweizer Ammann, der damit auch den Sprung unter die erfolgreichsten zehn Teilnehmer der Olympia-Geschichte schaffen würde. Er wird sich in Sotschi vor allem dem starken österreichischen Team um Vierschanzentourneesieger Thomas Diethart erwehren müssen und hob vorab die persönliche Bedeutung der Spiele hervor: "Meine russische Frau und ich haben eine emotionale Verbindung mit dem Gastgeberland."

Für den Ausrichter soll eigentlich auch Jewgeni Pluschenko helfen, die mäßige Bilanz von Vancouver mit nur drei Triumphen und Platz elf im Medaillenspiegel vergessen zu lassen. Die Eiskunstlauf-Legende musste nach seiner verpatzten Kür bei den nationalen Meisterschaften lange um sein Ticket für die vierte Olympia-Teilnahme bangen. Doch der Gastgeber wollte auf Pluschenko nicht verzichten. Sollte Pluschenko wirklich der Superstar von Sotschi werden, es wäre wohl eine Sensation.Sie heißen Kati, Wasi, Fisch oder Rotkäppchen, haben olympische Medaillen en masse gewonnen und sollen den deutschen Fernseh-Zuschauern bei den Winterspielen die Olympia-Welt erklären: ARD und ZDF setzen bei ihrer Berichterstattung vor allem auf die Expertise früherer Spitzensportler.

"Wer einmal die Olympischen Ringe mit der Startnummer tragen durfte, ist infiziert", sagt der ehemalige Biathlet Sven Fischer. Fischer, der schon in seiner aktiven Karriere von allen nur "Fisch" gerufen wurde, ist der erfolgreichste Winter-Olympionike unter den deutschen TV-Reportern und will auch die Sportfans vor den Fernsehschirmen mit dem Olympiafieber anstecken.

Der 42-Jährige verstärkt das Team des ZDF, das außer auf Fischer und den Liechtensteiner Alpinen Marco Büchel auch auf die Dienste eines Sportpsychologen setzt. Hans-Dieter Herrmann soll den Zuschauern erklären, was in den Köpfen der Athleten vorgeht. "Wir wissen, dass bei Olympia Leute zuschauen, die sich sonst nie mit Sport befassen. Entsprechend wollen wir das programmlich gestalten, dass auch keine Fragen offen bleiben", sagt Programmchefin Anke Scholten.

Für die ARD werden Alpin-Legende Markus Wasmeier, Eiskunstläuferin Katarina Witt, Skisprung-Ass Dieter Thoma, Biathletin Kati Wilhelm und Langlauf-Experte Peter Schlickenrieder tätig sein - und das praktisch rund um die Uhr. Wie es bei Olympia üblich ist.

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