Sorge um den "emotionalen Anführer"

Leipzig · Zum letzten Testspiel vor der Fußball-Europameisterschaft empfängt die deutsche Mannschaft heute Israel. Dabei muss Bundestrainer Joachim Löw weiterhin den verletzten Bastian Schweinsteiger ersetzen.

Leipzig. Die Bühne ist bereitet, das Stadion ausverkauft, seit Stunden fiebern zehntausende Menschen dem Beginn der Show entgegen: Und dann liefern der Boss und sein Team einen Auftritt, von dem die Fans noch lange schwärmen werden. So war es gestern. Im Berliner Olympiastadion spielte Bruce Springsteen. Und der "Boss", wie die amerikanische Rocklegende von seinen Anhängern genannt wird, brachte mit seiner E-Street-Band ein ganzes Stadion zum Kochen.Gut 200 Kilometer weiter südlich soll es heute ähnlich euphorisch zugehen, wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Leipzig zu ihrem letzten Vorbereitungsspiel vor der Europameisterschaft gegen Israel aufläuft (20.30 Uhr/ARD). Das DFB-Team hat dabei den Vorteil, gleich über mehrere führungsstarke Solisten zu verfügen: Kapitän Philipp Lahm ist ebenso eine Art Boss wie auch Alt-Meister Miroslav Klose.

Allerdings gibt es für Bundestrainer Joachim Löw einen absoluten "emotionalen Anführer": Bastian Schweinsteiger. Und der wird dem DFB-Team heute erneut fehlen, nachdem er sich vor zwei Wochen im Champions-League-Finale gegen Chelsea einen Bluterguss in der Wade zugezogen hatte. "Er hat damit 115 Minuten gespielt. Das macht es schwieriger, als wir gedacht haben", sagte Löw gestern, nachdem Schweinsteiger auch beim Abschlusstraining am letzten Tag des Trainingslagers in Südfrankreich passen musste.

Schon bei den beiden bisherigen Länderspiele in diesem Jahr in Bremen gegen Frankreich (1:2) und zuletzt in Basel gegen die Schweiz (3:5) war Schweinsteiger nicht dabei. Beide Partien gingen verloren. Daher soll der Chef im Mittelfeld nun offenbar besonders geschont werden, damit er am 9. Juni beim deutschen EM-Auftakt gegen Portugal wieder den Taktstock im deutschen Spiel übernehmen kann. "Wir müssen mal abwarten: Im Moment sieht es nicht so gut aus", sagte Team-Manager Oliver Bierhoff gestern kurz vor dem Abflug der DFB-Auswahl am frühen Abend von Nizza nach Leipzig. Und auch Lahm nannte die Verletzung Schweinsteigers "ernst".

Kroos für Schweinsteiger

Doch im jüngsten aller teilnehmenden EM-Teams (Durchschnittsalter: 23,5 Jahre - 1,4 Jahre jünger als der WM-Kader 2010) gibt es für Löw einige Alternativen, die nun anstelle des 27-Jährigen für die Musik im Mittelfeld sorgen sollen. Gegen Israel wird heute wohl Toni Kroos gemeinsam mit Sami Khedira, den Löw als "Inbegriff der Präsenz" bezeichnet, den Ton angeben. Kroos ist neben Torwart Manuel Neuer, den Abwehrspielern Jerome Boateng, Holger Badstuber, Lahm und Stürmer Mario Gomez einer von sechs Bayern, die heute wohl von Beginn an spielen.

Im offensiven Mittelfeld soll Khediras Klubkamerad Mesut Özil von Real Madrid mit dem Ball tanzen, links und rechts begleitet vom Noch-Kölner Lukas Podolski sowie Noch-Gladbacher und Geburtstagskind (23) Marco Reus. Mit Mats Hummels wird dagegen zunächst nur ein Spieler von Double-Gewinner Dortmund auflaufen. Für die EM gesetzt ist diese Formation allerdings nicht.

"Das Spiel sehe ich noch mal als Test, um das ein oder andere zu probieren", erklärte Löw gestern. Israel soll eine Art Aufbaugegner sein: Dreimal trafen beide Nationen bisher aufeinander, dreimal siegte das DFB-Team - beim vorerst letzten Mal im Februar vor zehn Jahren gar 7:1. "Man darf von solchen Tests nicht zu viel erwarten, aber natürlich wollen wir gewinnen", sagte ein selbstbewusster Lahm und nannte sich und seine Jungs "eine Top-Mannschaft, die viel erreichen kann". Da wollte Manager Bierhoff nicht nachstehen: "Seit ich dabei bin, habe ich keine Mannschaft dieser Stärke gesehen. Wir sind weiter als 2010." Die Bühne ist bereitet. Die Show kann beginnen.

Auf Einen Blick

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Deutschland: Neuer (FC Bayern/26 Jahre/25 Länderspiele) - Boateng (FC Bayern/23/20), Badstuber (FC Bayern/23/19), Hummels (Borussia Dortmund/23/14), Lahm (FC Bayern/28/85) - Khedira (Real Madrid/25/26), Kroos (FC Bayern/22/25) - Reus (Borussia Mönchengladbach/23/4), Özil (Real Madrid/23/32), Podolski (1. FC Köln/26/96) - Gomez (FC Bayern/26/51).

Israel: Harosh (Beitar Jerusalem/24/1) - Schpungin (Omonia Nikosia/25/15), Haim (FC Portsmouth/30/66), Gershon (Standard Lüttich/23/11) - Natcho (Rubin Kasan/24/15), Melcisohn (Wisla Krakau/27/4), Benayoun (FC Arsenal/32/87), Zahavi (Palermo/24/10) - Shechter (1. FC Kaiserslautern/25/12) - Hemed (RCD Mallorca/25/7), Sahar (AJ Auxerre/23/28). dpa

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