Sonderbeauftragter im Dienste der USA

Sao Paulo · Berti Vogts ist der letzte Bundestrainer, der mit der deutschen Nationalmannschaft einen Titel gewann. Der Europameister von 1996 steht bei der WM aber auf der Seite von Jürgen Klinsmann und den USA.

Berti Vogts wirkt total gelöst. Beim Training der USA auf dem Gelände des FC Sao Paulo lehnt sich der 67-Jährige in kurzen Hosen an die Bande und schaut Jermaine Jones und Co. entspannt beim Warmlaufen zu. Dann greift der frühere Bundestrainer , der 1996 bei der EM-Endrunde in England den bislang letzten Titelgewinn einer deutschen Fußball-Nationalmannschaft feierte, selbst ins Geschehen ein. Bei diversen Übungen wirft er den Spielern die Bälle zu. Genauso macht es sein früherer Kapitän Jürgen Klinsmann (49), der vor 18 Jahren in Wembley als Kapitän und erster Spieler den EM-Pokal in den Abendhimmel stemmte.

Zeitgleich hatte Vogts damals mit den deutschen Fans im feinen Anzug La Ola zelebriert. Sein eigenes Motto "Der Star ist die Mannschaft" hatte der Terrier aus Korschenbroich in diesem Moment außer Kraft gesetzt. Denn an diesem denkwürdigen Abend in London war ausnahmsweise mal der Trainer der Star, der nach dem WM-Viertelfinal-Aus zwei Jahre später in Frankreich aber keine Zukunft mehr beim DFB hatte.

Dass der aktuelle Nationaltrainer von Aserbaidschan (seit 2008) im Herbst seiner Karriere noch mal als Scout und technischer Berater zum Betreuerstab der USA unter Klinsmann zählt, hätte er sich selbst wohl in seinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt. "Das war auch für mich überraschend, ist aber eine sehr reizvolle Aufgabe", sagt Vogts.

Dass er morgen ebenso wie der ehemalige Bundestrainer Klinsmann zum Gruppenfinale in Recife (18 Uhr/ZDF ) auf seine frühere Mannschaft trifft, ist auch für Vogts in seiner langen Karriere noch einmal etwas ganz Besonderes. Als Nationaltrainer von Schottland und Aserbaidschan ist er zwar schon in Qualifikationsspielen auf Deutschland getroffen, aber eine Weltmeisterschaft ist doch was ganz anderes - die Stimmung, die Aufmerksamkeit, die Bedeutung.

"Das ist kein Duell Deutschland gegen Klinsi und Berti", sagt der US-Sonderbeauftragte deswegen auch unmissverständlich und fügt hinzu: "Aber wenn Klinsi Fragen hat, beantworte ich sie. Nicht mehr, nicht weniger." Klinsmann zählt auf den Rat seines Ex-Trainers, der das Spiel auf der Tribüne verfolgen wird und bereits in der Halbzeit dem US-Trainer und dessen Co-Trainer Andreas Herzog seine Einschätzung und seine Tipps mit auf den Weg gibt. "Er bringt eine Fülle an Wissen und Erfahrung als Spieler und Trainer mit, und er weiß, was nötig ist, um auf höchstem Level erfolgreich zu sein", lobt Klinsmann seinen Berater , der ihn beim DFB 2004 als Nachfolger von Rudi Völler empfohlen hatte.

In Fortaleza beim 2:2 der DFB-Auswahl gegen Ghana war Vogts nicht als Spion auf der Tribüne zugegen. Stattdessen war Chefscout Matthias Hamann (46, Bruder von Ex-Nationalspieler Didi Hamann) vor Ort. Der frühere Profi des 1. FC Kaiserslautern teilte anschließend Vogts und Klinsmann seine Erkenntnisse mit, damit diese daraus die richtigen Schlüsse für ihre Taktik gegen das Team von Joachim Löw ziehen.

Dass aller Wahrscheinlichkeit nach beide Mannschaften in die nächste Runde einziehen, ist auf jeden Fall in Vogts' Sinn. Auch wenn er sich morgen verkneifen wird, die deutsche Nationalhymne inbrünstig mitzusingen, ist offenkundig, für wen letztlich sein Herz schlägt. "Ich hoffe, dass Deutschland Weltmeister wird. Die aktuelle Spieler-Generation hat es verdient", sagt er - Konkurrenz-Situation hin oder her.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort