Turnen Seitz trumpft im Schatten von Biles auf

Stuttgart · Deutschlands Vorturnerin überzeugt bei der WM-Generalprobe in Stuttgart – ebenso wie Marcel Nguyen.

Bewunderung für Simone Biles, Begeisterung um Elisabeth Seitz: Nur die Weltsportlerin des Jahres aus den USA und die Kanadierin Anne-Marie Padurariu waren für Deutschlands Vorturnerin bei der WM-Generalprobe in Stuttgart zu stark. Gehüllt in türkis-weiß turnte Rekord-Weltmeisterin Biles in der mit 6000 Zuschauern ausverkauften Porsche-Arena beim DTB-Pokal in ihrer eigenen Dimension, aber Lokalmatadorin Seitz stand Biles in puncto Beifall kaum nach. Ordentlich schlug sich beim traditionsreichen Weltcup-Turnier auch ihre Stuttgarter Vereinskollegin Kim Bui, die Siebte wurde.

„Biles zu schlagen, ist unmöglich. Wenn man das berücksichtigt, haben unsere Turnerinnen einen guten Job gemacht“, sagte Cheftrainerin Ulla Koch über den Auftritt des deutschen Duos. Besonders Seitz präsentierte sich sieben Monate vor den Weltmeisterschaften an gleicher Stelle in starker Verfassung. Die Päda­gogikstudentin ris­kierte mit der Doppelschraube am Sprung eine für sie neue Höchstschwierigkeit und ließ sich vom Zuspruch des Publikums förmlich über die Geräte tragen. Nur am Schwebebalken konnte die 25-Jährige ein paar Wackler nicht vermeiden.

Biles agierte bei ihrem ersten Auftritt in Deutschland hochprofessionell und absolut konzentriert. Die 22-Jährige lehnte alle Interviewwünsche konsequent ab, wurde jedoch von zahlreichen Fans auf Schritt und Tritt begleitet. Auch die deutschen Turnerinnen staunten nach einer gemeinsamen Trainingseinheit nicht schlecht über die außergewöhnlichen Fähigkeiten der zweimaligen Weltsportlerin des Jahres. „Wir machen ja die gleiche Sportart, aber das, was Simone macht, ist von einem anderen Stern“, sagte Bui.

Seinen zweiten Turnfrühling erlebt derzeit Marcel Nguyen. Der 31-Jährige überraschte im Mehrkampf der Männer mit einem kaum erwarteten vierten Platz und soll daher nach dem Willen von Bundestrainer Andreas Hirsch auch bei den europäischen Titelkämpfen Mitte April in Stettin an alle sechs Geräte gehen. Doch gegen diesen Kraftakt regt sich bei dem Routinier Widerstand. „Ich bin nicht überzeugt, dass ich das wirklich machen möchte. Beim Sprung sehe ich eine echte Verletzungsgefahr“, sagte der Olympia-Zweite von 2012 im Mehrkampf, ihm sei die Konzentration auf Boden, Ringe und Barren lieber. Für Hirsch durchaus nachvollziehbare Beweggründe, er signalisierte daher seine Bereitschaft zu weiteren Gesprächen: „Marcel möchte natürlich mit seinen Kräften haushalten.“

Zudem trat der zweimalige Barren-Europameister in Stuttgart in Vorleistung und präsentierte sich an seinem Zittergerät, dem Pauschenpferd, so stabil wie seit Jahren nicht mehr. „Ich glaube sogar, Marcels Pferdübung war die beste, die ich je von ihm gesehen habe“, sagte Valeri Belenki, langjähriger Betreuer des Unterhachingers und einst selbst Weltmeister an diesem Gerät. Sicher ist: Nguyen ist definitiv eine wichtige Größe für die deutsche Riege, für die es bei der WM in erster Linie darum geht, sich für Olympia 2020 in Tokio zu qualifizieren.

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