Seinen Salto turnt er noch mit 60

Berlin. Er trägt den Ehrenorden "Goldener Winzer", stürmt für den FC Bundestag, segelt gern aus luftigen Höhen mit dem Fallschirm herab. Doch die große Liebe von Eberhard Gienger (Foto: dpa) bleibt der Turnsport. "Einmal in der Woche gehe ich an die Geräte

Berlin. Er trägt den Ehrenorden "Goldener Winzer", stürmt für den FC Bundestag, segelt gern aus luftigen Höhen mit dem Fallschirm herab. Doch die große Liebe von Eberhard Gienger (Foto: dpa) bleibt der Turnsport. "Einmal in der Woche gehe ich an die Geräte. Und den Gienger-Salto will ich auch mit 60 noch turnen", kündigte der prominenteste deutsche Turner der Vergangenheit an, der morgen seinen 60. Geburtstag feiert. Warum er sich das antut? "Der sportliche Ehrgeiz hat nicht nachgelassen. Ich glaube, es gibt keinen Älteren, der ihn noch turnt", sagte der frühere Reck-Weltmeister, der mit dem von ihm kreierten gebückten Salto rückwärts mit halber Drehung Turn-Geschichte schrieb.Den Reck-Titel 1974 in Varna will er nicht als alleinigen Höhepunkt seiner Karriere sehen. "Der dritte Platz 1976 bei Olympia und der vierte WM-Platz im Mehrkampf 1978 stehen auf derselben Stufe", sagte der zweimalige Sportler des Jahres, der mit 36 Titeln der deutsche Rekord-Meister ist.

Schwerer fällt es Gienger, der in seiner schwäbischen Heimat im Familienkreis sein Jubiläum begeht, Erfolge seiner politischen Karriere zu benennen: "Das Größte ist eigentlich, dass ich es überhaupt geschafft habe. Denn früher hatte ich von Politik wenig Ahnung." 2001 trat er in die CDU ein und erkämpfte schon ein Jahr später nicht dank seiner Popularität das Bundestags-Direktmandat im Wahlkreis Neckar-Zaber.

Mit Rückschlägen seiner sportlichen und beruflichen Laufbahn möchte sich Gienger nicht beschäftigen. "Es gab eine Reihe davon. Aber das Leben ist ein Lernprozess. Deshalb würde ich alles wieder so machen, sonst hätte ich ja nichts lernen können." Das bezieht er auch auf seine Aussagen in einem Interview, in dem er vor fünf Jahren einräumte, während der aktiven Sportler-Laufbahn nach einer Operation Anabolika gegen Muskelschwund genommen zu haben. "Die Präparate standen damals nicht auf der Liste der verbotenen Mittel, deshalb war nichts Verwerfliches dabei und ich stehe dazu", verteidigte sich Gienger. Nur im Umgang zu einigen Medienvertretern sei er jetzt etwas zurückhaltender, fügte er hinzu.

Neben dem Turnen pflegt der Vater von drei Söhnen ein anderes Hobby. Mit dem Fallschirm sprang er am Nordpol oder über riesigen Wasserfällen ab oder flog vom Berliner Fernsehturm. Über 4450 Mal segelte Gienger durch die Lüfte. Im Jahr 2000 zog er sich Verletzungen zu, als sein Schirm von einer Windböe erfasst wurde und er aus zehn Meter ungebremst auf dem Boden stürzte.

20 Jahre war Gienger Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee, übte viele Funktionen im Deutschen Turner-Bund aus, ehe er zum Vize-Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes gewählt wurde. Ein Job, der nicht unumstritten war. "Als Sportpolitiker saß ich manchmal zwischen zwei Stühlen", räumte er ein. Im Dezember 2010 schied er aus diesem Amt aus. Eine erneute Mitarbeit sei nicht auszuschließen, sagt Gienger, der die ersten sechs Jahrzehnte so resümiert: "Ich halte es mit Zarathustra, der sagte: ,Suche Dir einen Beruf, der Spaß macht, dann brauchst Du nie wieder zu arbeiten.' Ich musste mich nie quälen, hatte immer Spaß: Im Sport, im Beruf, in der Politik." dpa

Am rande

Nach langer Verletzungspause hat Fabian Hambüchen seine Rückkehr angekündigt. Der Reck-Weltmeister von 2007, der sich im Januar die Achillessehne am linken Fuß gerissen hatte, wird am 13. August in Altendiez um die Qualifikation zur WM in Tokio im Oktober turnen. Dort geht's um die Qualifikation für Olympia 2012. Die Pause bezeichnete Hambüchen als "die schlimmsten Tage meiner Karriere". In Altendiez startet er an vier Geräten: "Sprung und Boden lasse ich aus. Ich will mit Freude zurückkommen. Der Rest kommt von allein. Ich habe Vertrauen zu meinem Fuß und weiß, dass das Ding hält", sagte Hambüchen. dapd

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