Seelenmassage statt DonnerwetterJanne Ahonen zurück im Rampenlicht: "Ich bin selber überrascht"

Oberstdorf. Nach der Auftakt-Pleite bei der Vierschanzentournee arbeitete Bundestrainer Werner Schuster das Debakel mit seinen Skispringern im stillen Kämmerlein auf. "Wir haben uns nicht betrunken und ich habe auch nicht draufgehauen. Ich habe Einzelgespräche geführt, denn die Gemütslage bei den Jungs war unterschiedlich", berichtete Schuster

Oberstdorf. Nach der Auftakt-Pleite bei der Vierschanzentournee arbeitete Bundestrainer Werner Schuster das Debakel mit seinen Skispringern im stillen Kämmerlein auf. "Wir haben uns nicht betrunken und ich habe auch nicht draufgehauen. Ich habe Einzelgespräche geführt, denn die Gemütslage bei den Jungs war unterschiedlich", berichtete Schuster.

Am Tag nach dem kollektiven Absturz in Oberstdorf war er sichtlich bemüht, keine Untergangsstimmung aufkommen zu lassen. "Die Moral ist weiter hoch, die Tournee vernünftig fortzusetzen. Das fordere ich auch ein", sagte Schuster. Er will mit aller Macht verhindern, dass durch das Negativ-Erlebnis sein gesamtes Konzept infrage gestellt wird. Der Weg zurück an die Weltspitze erfordere einen langen Atem sowie viel Geduld und Zeit.

Weitere Rückschläge seien dabei nicht auszuschließen. "Vielleicht ist der Tiefpunkt noch gar nicht erreicht. Wir dürfen auf keinen Fall in Hysterie verfallen. Jetzt sind Ruhe und Geradlinigkeit gefragt", mahnte er. Rückendeckung erhält der Bundestrainer vom Deutschen Skiverband (DSV). "Es gibt keine Alternative zu unserem Weg. Wir müssen nur zusehen, dass die Ausschläge nach unten weniger werden", sagte Horst Hüttel, Skisprung-Koordinator im DSV. Man büße immer noch für die Sünden der Vergangenheit, die sich nicht von heute auf morgen ausmerzen lassen. "Wir müssen sechs Jahre aufarbeiten, in denen wir nach unten gerauscht sind", erklärte Hüttel.

Diese Phase wird durch den Generationenwechsel im deutschen Team zusätzlich erschwert. Routiniers wie Martin Schmitt, Michael Uhrmann oder Michael Neumayer werden langsam zu Auslaufmodellen und müssen durch aufstrebende Talente ersetzt werden. Ganz verzichten kann Schuster auf die Arrivierten allerdings nicht. "Wenn ich sie nicht hätte, wäre es zappenduster. Doch das ist eine auslaufende Generation, die zwar noch zu guten Ergebnissen fähig ist, aber nicht mehr konstant", beschrieb der Bundestrainer die Lage. Ihm habe es sehr wehgetan, "dass wir den Fans als Team nicht das geboten haben, was wir eigentlich können". In Garmisch-Partenkirchen, wo die Mannschaft durch sechs Springer aus der nationalen Gruppe zumindest quantitativ verstärkt wird, erwartet er eine Trotzreaktion. "Wir müssen uns schnellstmöglich wieder aufrappeln."

Bis zum Neujahrsspringen wird Schuster vornehmlich als Psychologe gefordert sein. Denn mit Ausnahme von Pascal Bodmer, der mit Platz zwölf "sehr zufrieden" war, hatten die DSV-Springer an dem unerwarteten Rückschlag heftig zu knabbern. "Momentan geht es mir nicht leicht von der Hand. Mir hat auch die geistige Frische gefehlt. Ich muss technisch stabiler werden und schauen, dass meine Sprünge laufen. Es kommen hoffentlich wieder bessere Tage", sagte Vize-Weltmeister Schmitt nach seinem 23. Platz. Uhrmann wollte gar einen Haken an die Tournee machen, was Schuster nicht zulassen will. Er setzt vielmehr auf einen Umkehreffekt: "Vielleicht wirkt das Ergebnis befreiend. Die Stimmung ist intakt, das Vertrauen zwischen Trainern und Athleten auch. Wir sind stärker und werden das unter Beweis stellen."Oberstdorf. Der "Schweiger aus Lahti" hat sich mit Pauken und Trompeten zurückgemeldet. Mit seinem zweiten Platz beim Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf verblüffte Rekordsieger Janne Ahonen (Foto: dpa) nicht nur die Konkurrenz, sondern auch sich selbst. "Das ist ein unglaubliches Gefühl. Ich bin überrascht, dass es so gut lief, und total happy", sagte der nach einer einjährigen Pause aus dem sportlichen Ruhestand zurückgekehrte Finne.

Wenige Tage vor dem Tournee-Auftakt hatte Ahonen seine sportlichen Memoiren mit dem Titel "Königsadler" präsentiert. Die muss er womöglich noch einmal überarbeiten, denn nach dem bärenstarken Auftritt im Allgäu gilt der fünfmalige Gewinner urplötzlich als ernsthafter Anwärter auf das Siegerauto im Wert von 35 000 Euro. "Von der Technik her kann er das normalerweise nicht durchziehen. Aber wenn Janne die Beute wittert, schlägt er zu", sagte Österreichs Cheftrainer Alexander Pointner. Ein solches Husarenstück hatten ihm aber die Wenigsten zugetraut. Mit einem Flug auf 137 Meter rollte der 32-Jährige im Finale das Feld von hinten auf und musste nur dem Österreicher Andreas Kofler den Vortritt lassen. Im Skispringen kann eben alles passieren. Es war natürlich auch eine Portion Glück dabei. Ich hoffe, es geht so weiter", sagte Ahonen. dpa

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