Schwimmen: Wohin mit den Rekorden?

Berlin. Die High-Tech-Anzüge haben den Schwimmsport beim Kurzbahn-Weltcup in Berlin am vergangenen Wochenende mit 16 Weltrekorden in eine Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Bis zum 31. Dezember sind die "Wunderwerke" erlaubt. Vom 1. Januar an müssen Schwimmanzüge oberhalb der Knie enden und dürfen nur noch aus Textil-Material bestehen

Berlin. Die High-Tech-Anzüge haben den Schwimmsport beim Kurzbahn-Weltcup in Berlin am vergangenen Wochenende mit 16 Weltrekorden in eine Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Bis zum 31. Dezember sind die "Wunderwerke" erlaubt. Vom 1. Januar an müssen Schwimmanzüge oberhalb der Knie enden und dürfen nur noch aus Textil-Material bestehen. Doch wie soll man mit den Rekorden umgehen - allein 116 wurden in diesem Jahr aufgestellt. "Alle werden langsamer werden", sagt Bundestrainer Dirk Lange und ergänzt: "Ich bevorzuge es, das zu nutzen, was erlaubt ist." Sprich: So lange es erlaubt ist in High-Tech-Anzügen starten.

Das tat Doppel-Weltmeister Paul Biedermann, der in Berlin über 200 und 400 Meter Freistil Weltrekorde schwamm. Solange es erlaubt ist, will der 23-Jährige im High-Tech-Anzug auf Rekordjagd gehen. Letzte Möglichkeiten sind das Weltcup-Finale am kommenden Wochenende in Singapur, die deutschen Kurzbahn-Meisterschaften Ende November in Essen und die Kurzbahn-Europameisterschaft Mitte Dezember in Istanbul. Bob Bowman, Trainer von US-Star Michael Phelps, sagt: "Im kommenden Jahr schwimmen wir dann alle im gleichen Sport." Der 14-malige Olympiasieger Phelps, bis Peking 2008 der Unschlagbare, trat in Berlin mit Textil-Hose an und kassierte geplante Niederlagen in Serie. Es sei ihm egal, ob die anderen im High-Tech-Anzug antreten, hat er gesagt: "Ich bereite mich auf die Zukunft vor." Bei der Weltmeisterschaft 2011 und Olympia 2012 will er sich zurückmelden. Lange sagt: "Michael soll das machen, was er für richtig hält. Wir machen das, was wir für richtig halten." Guter Rat ist halt teuer.

Im Januar will der Weltverband Fina über die Rekordfrage entscheiden. Einigen schwebt eine Doppel-Liste mit Rekorden aus der High-Tech-Zeit und einer Rechnung danach vor. Die Frage ist aber, ob zweifelsfrei festgehalten ist, wer wann in welchem Anzug geschwommen ist? Fest steht, dass alle Rekorde unter juristisch einwandfreien und erlaubten Bedingungen aufgestellt wurden. Und fest steht auch, dass künftige Generationen erstmal hinterherschwimmen - einerlei, ob es eine oder zwei Rekordlisten gibt. Da wird Motivation schwer.

Nach der Materialschlacht rückt der Athlet wieder in den Vordergrund. Lutz Buschkow, Sportdirektor des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), sagt: "Wir müssen den Fokus wieder mehr auf die Entwicklung der Schwimmtechnik legen." Europarekordlerin Daniela Samulski ist "nicht traurig, dass es neue Anzüge gibt". Und Biedermann hat sein eigenes Problem: "Ich muss Gewicht verlieren, damit ich nicht absaufe, der Anzug hat mich schon oben gehalten."

Die teuren High-Tech-Anzüge sind jedenfalls bald nichts mehr wert. Der DSV überlegt, ob er Weltrekord-Modelle von Britta Steffen, Biedermann und Steffen Deibler bei einer Versteigerung zu Geld machen kann. dpa

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