Vierschanzentournee Schwarzer Donnerstag für Freitag

Innsbruck · Sturz beendet Hoffnungen auf deutschen Sieg bei Vierschanzentournee. Für die Jury gab es Kritik, für Kamil Stoch den dritten Erfolg.

 Unfreiwilliger Spagat: Alleine die Haltung seiner Skier sah bei Richard Freitags Sturz gestern übel aus.

Unfreiwilliger Spagat: Alleine die Haltung seiner Skier sah bei Richard Freitags Sturz gestern übel aus.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Richard Freitag war längst auf dem Weg ins Krankenhaus, als „Flugwunder“ Kamil Stoch ausgelassen seinen dritten Sieg in Folge feierte: Nach einem dramatischen Donnerstag am legendären Bergisel in Innsbruck ist der Kampf um den Gesamtsieg der 66. Vierschanzentournee wohl entschieden. Während Stoch der Konkurrenz mit zwei weiteren Traumflügen enteilte und nach dem Rekord von Sven Hannawald greift, platzten die Träume des deutschen Hoffnungsträgers Freitag bei einem fatalen Sturz, der heftige Kritik an der Jury nach sich zog.

„Richard hat sehr starke Schmerzen an der Hüfte. Ich bin froh, dass er nicht über Schmerzen im Knie berichtet hat. Das ist schade für Richard, schade für uns und schade für die Tournee“, sagte Bundestrainer Werner Schuster im ZDF. Der starke dritte Rang von Andreas Wellinger, der in der Gesamtwertung sogar auf den zweiten Platz kletterte, geriet beinahe zur Nebensache. „Wir leiden mit Richard, für ihn ist das beschissen“, sagte Wellinger.

Freitag kam im ersten Durchgang nach einem Flug auf 130,0 Meter direkt nach der Landung zu Fall. Anschließend winkte er ins Publikum, ehe er mit schmerzverzerrtem Gesicht in einen Krankenwagen stapfte und zu Untersuchungen in eine Klinik gebracht wurde. Spätestens da war klar: Freitags Hoffnungen auf den ersten deutschen Tourneesieg seit Hannawald 2001/02 sind geplatzt. Dafür kann nun Stoch als zweiter Springer nach dem Hinter­zartener vor 16 Jahren beim letzten Springen in Bischofshofen (Samstag, 17 Uhr/ARD und Eurosport) den „Grand Slam“ erreichen.

Pikant: Freitag stürzte fast genau an der Stelle, an der auch Severin Freund vor zwei Jahren im Probedurchgang zu Fall gekommen war. Schuster wiederholte seine Kritik aus dem Jahr 2016 fast wortgleich. „Es war definitiv zu viel Anlauf. Ich habe das gestern schon befürchtet. Bei diesen Bedingungen darf man nie und nimmer so weit springen lassen. Es war definitiv die falsche Wettkampfführung für diese Aufsprung-Präparierung.“

Auch Stoch hatte im ersten Durchgang Probleme bei der Landung, gewann am Ende aber mit starken Flügen auf 130,0 und 128,5 Metern mit 270,1 Punkten klar vor dem Norweger Daniel Andre Tande (255,6) und Wellinger (253,5). Der Bayer ist nun zweiter der Gesamtwertung, allerdings ist der Rückstand auf Stoch mit 64,5 Punkten oder umgerechnet gut 36 Metern enorm. Eisenbichler (Siegsdorf) und Stephan Leyhe (Willingen) belegten am Donnerstag die Ränge acht und neun, Karl Geiger (Oberstdorf) folgte auf dem zwölften Rang.

Alle DSV-Adler litten allerdings mit Freitag mit. Nach einer kurzen Untersuchung entschied sich die medizinische Abteilung des DSV gegen einen Start Freitags im zweiten Durchgang. „Wir können uns jetzt nicht eingraben. Es gibt noch viele Dinge in dieser Saison“, sagte Schuster.

Scharfe Kritik übte auch Horst Hüttel, Sportlicher Leiter beim DSV. „Es ist bitter. Der Vorwurf muss im Raum stehen, dass hier zu weit gesprungen wird. Mit einer Luke weniger wäre das wahrscheinlich nicht passiert“, sagte Hüttel. Der verantwortliche Technische Direktor des Wettkampfs, der Norweger Geir Steinar Löng, habe schon beim Frauen-Weltcup im Dezember in Hinterzarten einen ähnlichen Fehler begangen, sagte Schuster. Svenja Würth hatte im Schwarzwald bei einem Sturz einen Kreuzbandriss im linken Knie erlitten und wird die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang verpassen. „Der Norweger meint immer, man muss weit über Hillsize springen. Er hat einfach eine andere Auffassung von Skispringen, und das ist schade.“

Ob Freitag beim letzten Springen der Tournee in Bischofshofen am Samstag springen kann, wird erst heute entschieden: je nachdem, ob seine Schmerzen weniger werden. Teamarzt Mark Dorfmüller sagte: „Für die erste Diagnostik kann ich jetzt mal Entwarnung geben. Aber wir müssen mal schauen, wie es sich weiterentwickelt.“

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