Schwanitz passt nicht ins „Schema F“, Garnelen für Frodeno

Baden-Baden · Ausgerechnet „Feierbiest“ Christina Schwanitz schlug nach ihrer Wahl zur Sportlerin des Jahres nachdenkliche Töne an. Die Kugelstoß-Weltmeisterin beklagte die Degradierung der Leichtathletik zur Randsportart.

Mit flotten Sprüchen auf der großen Bühne eroberte Christina Schwanitz alle Herzen im Sturm. Als die frisch gekürte Sportlerin des Jahres aber wenig später ohne Schuhe und mit einem Bier in der Hand in einem Nebenraum des Kurhauses in Baden-Baden saß, war das ansteckende Lachen verstummt. Die Kugelstoß-Weltmeisterin schlug nachdenkliche Töne an - und übte harsche Kritik an der Macht von "König Fußball". "Leichtathletik wird zur Randsportart gemacht. Im Fußball wird die 4. Liga zu jeder Tages- und Nachtzeit im Fernsehen gezeigt", klagte die 29-Jährige: "Wie sollen denn die Leute und Kinder in die Stadien gelockt werden, wenn es unsere Sportart im TV kaum mehr zu sehen gibt?"

Der starken Frau aus Dresden war es ein Bedürfnis, sich den Frust von der Seele zu reden. Für die Europameisterin ist zum Beispiel auch das Werbeverbot bei Olympischen Spielen ein Dorn im Auge. Der Bekanntheitsgrad leide deshalb - gerade bei "schwer Vermittelbaren" wie ihr: "Ich passe nicht ins Schema F: Ich habe eine Riesenklappe, bin nicht gerade schlank und relativ groß", sagte Schwanitz. Sie könne ja 20 Kilogramm abnehmen, um interessanter für die Werbeindustrie zu sein, "aber dann werde ich keine Weltmeisterin mehr." Ein Teufelskreis eben. Geld zum Zurücklegen bleibt nicht übrig, obwohl sie "Weltniveau" anbiete.

Ihr Pendant Jan Frodeno indes, Sportler des Jahres 2015, konnte die Klage von Schwanitz nur bedingt nachvollziehen. "Im Triathlon haben wir das Glück, dass wir die Leute mitnehmen können auf die Reise. Ironman ist der neue Marathon", sagte Hawaii-Triumphator Frodeno, der gestern die Reise nach Australien zu seiner schwangeren Frau Emma antrat. Dort wartet ein exotisches Weihnachtsfest - "mit Mango und Garnelen . Eben ein bisschen anders als sonst", sagte "Frodo", der die Siegertrophäe von Baden-Baden probehalber schon mal wie ein Baby im Arm hielt. Der für Februar geplante Nachwuchs soll sich nach dem Wunsch des berühmten Vaters aber nicht unbedingt im Triathlon versuchen: "Die Fußstapfen sind zu groß, um sie zu füllen."

Während für Frodeno eine Olympia-Teilnahme 2016 kein Thema ist, fiebert Schwanitz den Sommerspielen entgegen. "Da will ich Rio ein bisschen unsicher machen", kündigte sie an. Ihr goldfarbenes Paillettenkleid durfte diesbezüglich als Botschaft verstanden werden. > Seite D2: Wahlergebnisse

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